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dr. med. robert g. jackson - Sapientia

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Tätigkeit ohne einen Anreiz aus dem Nervensystem ausgeführt werden kann.<br />

Ununterbrochene Nervenanspannung aber heißt ununterbrochene Nervenverausgabung<br />

(und unaufhörliche Muskelverausgabung desgleichen), für die dem Körper nichts<br />

zurückerstattet wird; und solche Verschleuderung der Nervenkräfte führt unfehlbar am<br />

Ende zu nervöser Erschöpfung.<br />

Beobachte die Menschen, mit denen du zu tun hast, wie sie, anstatt Ruhe suchend auf<br />

ihren Stuhl niedersinken und sich von ihm tragen zu lassen, ihn vielmehr in<br />

unbewußter Verkrampfung nach unten <strong>dr</strong>ücken; ihre Hände, Arme und Beine sind<br />

gestrafft, als sollten sie den Stuhl mühsam zusammenhalten. Oft sind außerdem die<br />

Brustmuskeln so steif angespannt, daß tiefes Atmen praktisch unmöglich wird. Andere<br />

Menschen — vielleicht du selbst — pressen die Zähne zusammen; ihre Kehle ist<br />

verkrampft, die Nackenmuskeln sind steif. Und wie gespannt sind die Beinmuskeln<br />

jenes Mannes; seine Füße schlagen einen wütenden Takt, oder seine Finger trommeln<br />

zur Begleitung einer inneren Rastlosigkeit, die sich ein Auspuffventil sucht. Beobachte<br />

die Leute in der Eisenbahn, im Auto oder im Straßenbahnwagen; wie steif sitzen sie<br />

da, <strong>dr</strong>ücken sich an die Lehne oder halten sich unbequem auf dem vordersten Rand<br />

ihres Sitzes in Schwebe; Arm-, Bein-, Nacken- und Brustmuskeln sind in härtester<br />

Spannung; jeder Stoß, jede Erschütterung des Fahrzeugs schleudert sie mit<br />

gewaltsamem Ruck in eine andere Richtung, anstatt daß sie sich mit gelockerten<br />

Muskeln und losen Gelenken allen Schwankungen und Erschütterungen der Bewegung<br />

überlassen. Andere spazieren mit krampfhaften Schritten und versteiften Armen, die<br />

im Rhythmus ihrer harten Tritte eckig auf und ab schwingen, einher, und dabei<br />

spannen sie die Muskeln des Nackens und der Hände derart an, daß oft die Nägel in<br />

den Handflächen Ein<strong>dr</strong>ücke hinterlassen. Man gewöhnt sich an solche Spannungen so<br />

sehr, daß man damit schlafen geht und wieder aufsteht, und löst sich inmitten des<br />

Schlafes die Spannung von selber, so kann man sogar dadurch erwachen.<br />

Da ruht eine Frau auf ihrem Liegestuhl. Ihr steifer Hals hält den Kopf in die Höhe<br />

gereckt, anstatt daß er sich zu sanfter Ruhe in die Kissen schmiegt; oder sie <strong>dr</strong>ückt ihn<br />

auf das Kopfkissen hinunter, als ob sie dieses mit Gewalt niederhalten müßte, anstatt<br />

daß das Kissen den lose herabfallenden Kopf weich betten und stützen darf und jeder<br />

Muskel nachläßt und sich entspannt, wie es Kinder, Katzen und Hunde tun, wenn sie<br />

sich zum Schlaf legen. Will man den Arm jener Frau leicht in die Höhe heben, so ragt<br />

die Hand daran wahrscheinlich steif in die Luft hinaus, anstatt weich und gelöst vom<br />

Gelenk herabzuhängen. Entzieht man dann unbemerkt die Unterstützung und läßt den<br />

Arm ohne Halt, so bleibt er (statt schlaff und wie leblos herabzufallen) steif<br />

angespannt im Leeren ausgestreckt, weil seine Muskeln unbewußt angespannt worden<br />

sind; das aber ist vollständig unnötig, denn die Muskeln brauchen den Arm ja nicht<br />

hochzuhalten, solange eine andere Hand ihn unterstützt.<br />

Dort packt ein Mann seine Feder hastig, um in nervösem Ruck seinen Namen zu<br />

schreiben, anstatt diese Prozedur mit derselben bedächtigen Aufmerksamkeit zu<br />

vollziehen, mit der ein Säugling seine kleine Faust ins Mündchen steckt. Auf dem<br />

Bahnsteig steht ein Mann, der alle paar Minuten seine Uhr aus der Tasche zieht,<br />

obwohl er genau weiß, daß der Zug erst in einer Stunde abfahren wird. Und da ist eine<br />

Frau, die flach und kurz atmet und von Zeit zu Zeit einen tiefen Seufzer ausstößt, den<br />

ihr die Natur aufzwingt, um ihrem Körper den nötigen Sauerstoff zu verschaffen,<br />

welchen ihr oberflächliches, nervöses Atmen ihr nicht zuführen kann. Und dort sitzen<br />

Frauen eckig und verkrampft zuvorderst auf ihren Stühlen, gestikulieren heftig und<br />

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