04.01.2013 Aufrufe

dr. med. robert g. jackson - Sapientia

dr. med. robert g. jackson - Sapientia

dr. med. robert g. jackson - Sapientia

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Weil „viel gute, nahrhafte Kost“ eine Notwendigkeit für mich war, beschloß ich,<br />

meine körperliche Betätigung einzuschränken, damit die Energie meines Körpers sich<br />

völlig der Aufnahme und Verarbeitung meiner Nahrung und damit dem Wiederaufbau<br />

meiner Kräfte zuwenden könne. Ich ging nicht mehr spazieren — ich gab meine<br />

Sportspiele auf —, ich verzichtete nahezu auf jede Bewegung und tat nichts mehr als<br />

essen und schlafen.<br />

Natürlich wußte ich, warum ich alle diese Leiden zu ertragen hatte, wie es meine<br />

<strong>med</strong>izinischen Kollegen auch wußten. Ich war eben krank. Aber warum war ich denn<br />

krank? So vorwitzig darf man nicht fragen; die Krankheit kommt über einen, ehe<br />

man's gedacht, und niemand weiß den Grund dafür. Sie packt einen, nicht wahr? Wer<br />

hätte das nicht schon selber erlebt!<br />

Das war meine Philosophie, und es ist noch heute weitgehend die Philosophie<br />

meiner Berufsgenossen. Ich war krank — niemand wußte, weshalb, und ich mußte<br />

mich durch den Genuß guter, reichlicher Nahrung wieder erholen; dabei sollte meine<br />

Natur durch eine Unmenge von Tränken und Mitteln, verdauungsfördernden,<br />

blutreinigenden, anregenden, beruhigenden, abführenden, schmerzstillenden<br />

Medizinen, „unterstützt“ werden. Mehr konnte man wahrhaftig nicht tun.<br />

Aber mein kranker Körper wollte trotz alledem nicht gesund werden. Im Gegenteil, es<br />

wurde nur immer schlimmer. Mein Blut<strong>dr</strong>uck stieg auf 212; mein Herz schlug<br />

chaotisch und wild, und der große Sir William Osler, den ich als ärztliche Autorität zu<br />

Rate zog, hatte bereits sein vernichtendes Urteil über mich ausgesprochen. Jedem<br />

Luftzug konnte ich zum Opfer fallen.<br />

Kein Wunder übrigens, daß ich so krank war, bin ich doch einst — mehr als achtzig<br />

Jahre sind es schon her — von einer herzkranken Mutter weit <strong>dr</strong>außen am Rande der<br />

Zivilisation als schwächliches Zwillingskind geboren worden. Man ernährte mich<br />

mühsam, und ich gedieh unter den primitiven und unhygienischen Lebensverhältnissen<br />

jener Grenzgegend nur kümmerlich. Ich blieb schwach, kränkelte meist und machte<br />

ungefähr alle Kinderkrankheiten der Reihe nach durch. Zwar floß mein Leben bis zu<br />

meinem zweiund<strong>dr</strong>eißigsten Altersjahr noch einigermaßen leidlich dahin. Dann aber<br />

kam es zu einem vollständigen Zusammenbruch. Ich lag gleichzeitig mit fast allen<br />

Krankheiten der Verdauungsorgane außer dem Krebs darnieder, besaß keine Kontrolle<br />

mehr über meine Muskeln und Nerven und hatte die verschiedenartigsten<br />

Halluzinationen. Ich verlor acht Zähne durch hochgradige Paradentose, mußte wegen<br />

einer Fistel operiert werden, und zwar ohne Anästhesie, weil ich dazu körperlich zu<br />

geschwächt gewesen wäre. Ich verblutete beinahe an einem heftig entzündeten<br />

Geschwür im Dickdarm. Furchtbare Kopfschmerzen warfen mich immer wieder für<br />

zwei bis <strong>dr</strong>ei Tage hilflos ins Bett, und das ging jahrelang so weiter. Mit<br />

vierundvierzig Jahren war mein Körper durch Neuritis und Arthritis verkrüppelt. Mit<br />

fünfundvierzig Jahren geriet mein Herz in einen hoffnungslosen Zustand, der keine<br />

Aussicht auf Heilung mehr zuließ. Und dennoch mußte ich weiterleben.<br />

Mit neunundvierzig Jahren litt ich am Grünen Star, und man sagte mir voraus, ich<br />

würde in längstens vier Jahren gänzlich erblinden. Mit dem linken Auge konnte ich<br />

nicht mehr die Finger zählen. Ich verlor auch den Geruchsinn, den Geschmacksinn und<br />

das Gehör im linken Ohr. Für den Grünen Star war eine Operation nach Ansicht eines<br />

Spezialisten die einzig richtige Behandlung, aber meine Schwäche ließ keine<br />

Operation zu.<br />

Um diese Zeit war meine schwere Herzkrankheit so weit vorgeschritten, daß ich die<br />

86

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!