dr. med. robert g. jackson - Sapientia
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Beruf. Die heutigen Ärzte sehen ihre Aufgabe darin, den kranken Körper und die<br />
gebrochenen Glieder wieder zu heilen und zu flicken, und die Arbeiter dieses Berufs<br />
erfüllen ihre Pflicht, so gut sie es können und unter Anwendung aller ihnen bekannten<br />
Kunstgriffe. Was ich hier sagen will, ist, daß die Zeit kommen muß, und hoffentlich<br />
früher kommt, als wir es jetzt voraussehen können, da Ärzte dafür bezahlt werden, daß<br />
sie die Leute darüber belehren, wie sie durch Anwendung natürlicher Mittel gesund<br />
bleiben können. Aber diese Zeit kann freilich erst dann anbrechen, wenn die Menschen<br />
genügende Einsicht gewonnen haben, um nach einer solchen Leitung selber zu<br />
verlangen. Der Zweck dieses Buches ist, einer solchen Zeit den Weg zu bahnen. Wer<br />
die künstlichen, das heißt, unnatürlichen Methoden der heutigen Medizin anklagt, darf<br />
nicht vergessen, daß die <strong>med</strong>izinische Praxis nicht weiter vorgeschritten sein kann, als<br />
das Publikum mitzumachen fähig und gewillt ist; der Arzt, der allein die neuen Wege<br />
zu gehen sucht, muß gewöhnlich verhungern. Die Leute holen sich ja nicht Ratschläge<br />
darüber, wie sie leben sollten, um immer gesund zu bleiben. Sie wollen vielmehr der<br />
Eingebung ihrer lieben Wünsche folgen und die Ärzte dafür bezahlen, daß diese sie<br />
von den Folgen dieser Lebensweise befreien; die Ärzte dürfen ihnen aber nicht etwa<br />
Verhaltungsmaßregeln für ein vernünftigeres Leben geben, sondern müssen ihnen<br />
schnellwirkende Medizinen verschreiben, die ihnen erlauben, in Kürze ihre törichten<br />
Gewohnheiten wieder aufzunehmen.<br />
Vor wenigen Jahren erlebte ich einen ein<strong>dr</strong>ucksvollen Beweis für diese Tatsache. Von<br />
einem andern Arzte war ein Geistlicher zu mir gesandt worden; er war über tausend<br />
Meilen weit gereist, um mich zu konsultieren. Da er mir ungewöhnlich intelligent<br />
schien, nahm ich an, daß ich es wagen dürfte, ihm zu sagen, wie er sich in dauernde<br />
Gesundheit hineinleben könne. Obwohl mein Wartezimmer mit Patienten gefüllt war,<br />
nahm ich mir zwei Stunden Zeit, um ihm zu beschreiben, wie er sich von nun an<br />
verhalten müsse. Er hatte sich bereits verabschiedet und stand <strong>dr</strong>außen im Gang, als er<br />
umkehrte und seinen Kopf noch einmal zur Türe hereinstreckte mit der Frage:<br />
„Übrigens, Herr Doktor, bin ich Ihnen etwas schuldig?“ Ich bedeutete ihm,<br />
zurückzukommen, und sagte dann: „Setzen Sie sich noch einen Augenblick. Sagen Sie<br />
mir einmal, warum Sie eigentlich daran zweifeln, daß Sie mir etwas schuldig sind?“<br />
Seine Antwort: „Ich weiß es wirklich selber nicht; vielleicht weil , . . Sie mir nichts<br />
verschrieben haben.“ Darauf ich: „Hatte ich Ihre Zunge angeschaut, Ihren Puls gefühlt,<br />
Ihren Unterleib abgetastet, Sie einige Dinge gefragt und Ihnen ein lateinisches Rezept<br />
aufgeschrieben, so hätten Sie mir dafür mit Vergnügen fünf oder zehn Dollar gezahlt,<br />
sogar wenn das Mittel, das ich Ihnen im Rezept verschrieb, noch weitere <strong>dr</strong>ei Dollar<br />
gekostet hätte; stimmt das?“ — „Ja, ich glaube, Sie haben recht“, antwortete er. — Ich<br />
erwiderte: „Aber wenn ich zwei Stunden meiner Zeit und der Zeit meiner Patienten<br />
hergebe und versuche, Ihnen zu erklären, wie Sie gesund werden und bleiben können,<br />
indem Sie einfach Gottes Medizin, die nichts kostet, einnehmen, so denken Sie, daß<br />
ich kein Honorar dafür brauche?“ Worauf er meinte: „0h, von dieser Seite habe ich die<br />
Sache gar nicht angesehen.“ — Hieraus ist ersichtlich, gegen welche Einstellung der<br />
Arzt zu kämpfen hat. Der durchschnittliche Patient wird, wenn sein Doktor ihm bloß<br />
gute Ratschläge erteilt, unverzüglich zu einem andern, einem „vernünftigen“ Arzt<br />
gehen, der ihm etwas zum Einnehmen verschreibt. Auf diesem Gebiet habe ich höchst<br />
merkwürdige Erfahrungen gesammelt.<br />
Ich weiß, daß es vielerorts Ärzte gibt, die mit Natursinn begabt sind und sich mit<br />
den hier erörterten Problemen beschäftigen. Sie sind es satt, nichts weiter als<br />
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