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Erinnerungen an Kindheit, Flucht und Vertreibung aus Ostpreußen

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Lebenserinnerungen H<strong>an</strong>s-Siegfried Marks, Albrecht Dürer Str. 18, 06217 Merseburg, Tel. 03461-212739<br />

<strong>Ostpreußen</strong>s Geschichte<br />

<strong>Ostpreußen</strong> war die östlichste Provinz Deutschl<strong>an</strong>ds mit etwa 2,5 Millionen Einwohnern <strong>und</strong> hatte<br />

seit fast 500 Jahren die stabilste Grenze Deutschl<strong>an</strong>ds. Nachbarländer waren Litauen <strong>und</strong> Polen,<br />

wobei unsere Region, die östlichste, wegen der l<strong>an</strong>gen gemeinsamen Grenze zu Litauen von besonderer<br />

Bedeutung war.<br />

Im Ursprung war <strong>Ostpreußen</strong> ein sehr tief gelegenes, feuchtes L<strong>an</strong>d mit vielen Seen <strong>und</strong> Sümpfen,<br />

eigentlich eine Wildnis. Besiedelt war es vorwiegend von den Pruzzen, einem baltischen Volksstamm,<br />

der nicht zu den Slawen gehörte. Hier<strong>aus</strong> entwickelte sich der Name „Preußen“, der d<strong>an</strong>n<br />

Weltbedeutung erl<strong>an</strong>gte, positiv <strong>und</strong> negativ. Noch heute nennen die Litauer Deutschl<strong>an</strong>d „Pruzza“.<br />

Mit der Christi<strong>an</strong>isierung des nördlichen Ostens durch die Kreuzritter bzw. Ordensritter - es war<br />

wohl ein 40-jähriger Kampf - wurde die <strong>an</strong>gestammte Bevölkerung zum Teil aufgelöst oder auch integriert.<br />

So war auch in den östlichen Regionen die Amtssprache bis ins 18. <strong>und</strong> frühe 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

noch litauisch, im Süden polnisch. Das südliche Masuren war bis 1945 zweisprachig. Es<br />

war kein reines Polnisch, was m<strong>an</strong> sprach. M<strong>an</strong> n<strong>an</strong>nte es masurisch, ein polnischer Dialekt.<br />

Besiedelt wurde <strong>Ostpreußen</strong> von Menschen fast aller deutschen L<strong>an</strong>de. Hinzu kamen auch die <strong>aus</strong><br />

Fr<strong>an</strong>kreich vertriebenen Hugenotten <strong>und</strong> <strong>aus</strong> Österreich die „Salzburger“, die vorwiegend im östlichen<br />

Raum <strong>an</strong>gesiedelt worden sind. Diese Salzburger mussten ihr L<strong>an</strong>d verlassen, weil sie sich<br />

zum Protest<strong>an</strong>tismus bek<strong>an</strong>nten, was dem L<strong>an</strong>desfürsten so gar nicht gefiel.<br />

Zu erwähnen wäre noch, dass viele Niederländer in der Absicht ins L<strong>an</strong>d geholt worden sind, das<br />

Tiefl<strong>an</strong>d zu entwässern.<br />

Die ostpreußischen Menschen waren über Jahrh<strong>und</strong>erte <strong>und</strong> Jahrzehnte immer wieder leidgeprüft.<br />

So gab es u. a. in der Mitte des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts einen Tartareneinfall, der im Besonderen die östlichen<br />

Regionen betraf <strong>und</strong> in dessen Folge das L<strong>an</strong>d stark verwüstet worden ist. Hinzu kam, dass<br />

etwa 11.000 Männer, Frauen <strong>und</strong> Kinder nach dem Balk<strong>an</strong> verschleppt worden sind <strong>und</strong> dort als<br />

Sklaven verkauft wurden. Bei der <strong>aus</strong>geprägt dünnen Besiedlung bedeutete das eine merkbare<br />

Entvölkerung.<br />

Bei der d<strong>an</strong>n später wütenden Pest gab es wiederum hohe Verluste, in einigen L<strong>an</strong>desteilen bis 90<br />

% der Bevölkerung, vorwiegend in den östlichen Regionen.<br />

Mitte des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts gab es einen mit hohen Verlusten verb<strong>und</strong>enen Russeneinfall. <strong>Ostpreußen</strong><br />

war über mehrere Jahre besetzt <strong>und</strong> Russl<strong>an</strong>d betrachtete <strong>Ostpreußen</strong> mit den frostfreien<br />

Häfen Königsberg <strong>und</strong> Pillau als Teil des Russischen Reiches.<br />

Eine weitere große Belastung gab es in den Napoleonischen Kriegen 1806/1807. Drei Armeen, die<br />

fr<strong>an</strong>zösische, die russische <strong>und</strong> die preußische hatten über eine l<strong>an</strong>ge Zeit ihre Quartiere dort aufgeschlagen<br />

<strong>und</strong> mussten von der bereits verarmten Bevölkerung versorgt werden. Das ging sogar<br />

soweit, dass m<strong>an</strong> das Stroh von den reedgedeckten Gebäuden <strong>an</strong> die Pferde verfütterte.<br />

Als die napoleonische Armee nach Russl<strong>an</strong>d einmarschierte, galt <strong>Ostpreußen</strong> als Aufmarschraum<br />

<strong>und</strong> die mehrere h<strong>und</strong>ertt<strong>aus</strong>end M<strong>an</strong>n starke Armee requirierte alles für die Truppen Verwendbare<br />

<strong>und</strong> die Bauern mussten mit Pferd <strong>und</strong> Wagen den Tross in Richtung Moskau begleiten. Es kam<br />

kaum einer zurück.<br />

Nach der Zerschlagung der napoleonischen Armeen gab es bis zum 1. Weltkrieg eine wirkliche<br />

Friedensphase mit einer schwungvollen Entwicklung. <strong>Ostpreußen</strong> wurde wieder zur Kornkammer<br />

Deutschl<strong>an</strong>ds <strong>und</strong> die Pferdezucht war die größte im Deutschen Reich. Die Rasse „Trakehner“,<br />

<strong>an</strong>sässig in unserem Kreis Ebenrode, war weltbek<strong>an</strong>nt <strong>und</strong> wird auch heute noch weltweit gezüchtet,<br />

aber nicht mehr in der früheren Dimension.<br />

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