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Vergleich bauvertraglicher Regelungsmechanismen - Lehrstuhl für ...

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Kapitel 4 <strong>Vergleich</strong> der bestehenden Vertragsmechanismen<br />

Die Teilnehmer der Umfrage bestätigen, dass die Anordnung zur Ausführung geänderter<br />

Leistungen nicht immer mit ausreichendem Vorlauf erfolgt (vgl. Abbildung 3-31 und Abbildung<br />

3-32). Durch geänderte oder zusätzliche Leistungen sind in der Regel weitere Planungs- und<br />

Koordinationsmaßnahmen erforderlich, die einen zeitlichen Vorlauf benötigen. Erfolgt die<br />

Anordnung des Auftraggebers zu spät, kann es dazu führen, dass der geplante Bauablauf<br />

unnötig verzögert wird.<br />

Dem Auftraggeber wird nach § 4 Nr. 1 zugestanden, die vertragsgemäße Ausführung der<br />

Leistung des Auftragnehmers zu überwachen und bei begründeten Bedenken unter Wahrung<br />

der dem Auftragnehmer zustehenden Leitung der Baustelle Anordnungen zu treffen, die zur<br />

vertragsgemäßen Ausführung der Leistung notwendig sind. Für diese Form der Anordnung wird<br />

die Anforderung formuliert, dass sie nur dem Auftragnehmer oder seinem <strong>für</strong> die Leitung der<br />

Ausführung bestellten Vertreter zu erteilen ist. Weitere Angaben, z.B. bezüglich der Schriftform,<br />

werden auch hier nicht getroffen.<br />

4.3.2 Regelungen zur Leistungsdefinition in den FIDIC-Vertragswerken<br />

Die FIDIC- und NEC3-Vertragswerke sind – wie bereits in Kapitel 2.2 und 2.3 erläutert – vor<br />

einem anderen rechtlichen Hintergrund zu betrachten, da sie im Gegensatz zum deutschen<br />

Rechtssystem kein kodifiziertes Gesetz haben, sondern das Common Law. Im Common Law<br />

werden die vertraglichen Regelungen zunächst in conditions und warranties unterschieden.<br />

Sofern conditions – wesentliche Vertragselemente – verletzt werden, wird der Vertrag aufgelöst.<br />

Bei einer Abweichung von den warranties – Zusicherungen im Rahmen des Vertrags – bleibt<br />

der Vertrag bestehen, es kommt lediglich zu Schadensersatzansprüchen. Darüber hinaus gibt<br />

es sog. implied terms, die aus Rechtsprechung, Brauch oder Gesetz folgen. Die implied terms<br />

ähneln in ihrer Eigenschaft den in Deutschland bekannten Grundsätzen von Treu und Glauben,<br />

die nicht explizit vertraglich geregelt werden müssen. 95<br />

Der FIDIC-Vertrag besteht gemäß Cl. 1.1 Red Book aus dem Vertragsdokument, dem<br />

Annahmeschreiben (des AG), dem Angebotsschreiben (des AN), der Leistungsbeschreibung<br />

sowie den technischen Vertragsbedingungen (specification), den Plänen, den Listen und<br />

Verzeichnissen (schedules) und weiteren Dokumenten, so wie sie im Vertrag beschrieben sind.<br />

Die Leistungsbeschreibung ist nicht zu den General Conditions zu zählen, sondern als<br />

individuelle Regelung – Particular Condition – des entsprechenden Projekts. In Cl. 1.5 Red<br />

Book wird die Leistungsbeschreibung als separates Dokument bezeichnet, das durch Zusätze<br />

und weitere Modifikationen der Leistungsbeschreibung in Übereinstimmung mit dem Vertrag<br />

ergänzt wird. In Summe werden darüber die zu leistenden Tätigkeiten beschrieben.<br />

Wie auch die VOB/B regeln die FIDIC-Vertragswerke in Cl. 1.5 die Reihenfolge der<br />

Vertragsunterlagen, sofern eine Auslegung erforderlich wird. Eine Klarstellung und ggf. eine<br />

Anordnung durch den Engineer erfolgt dann, wenn sich trotz der vorgegebenen Reihenfolge<br />

Widersprüche nicht klären lassen. Die Reihenfolge ergibt sich nach Cl. 1.5 Red Book wie folgt:<br />

95 Vgl. Vogenauer, Stefan: Die Auslegung von Gesetzen in England und auf dem Kontinent. Eine vergleichende<br />

Untersuchung der Rechtsprechung und ihrer historischen Grundlagen (Beiträge zum ausländischen und<br />

internationalen Privatrecht 72), 2. Band. Tübingen 2001. XLIX, S. 1248.<br />

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