Vergleich bauvertraglicher Regelungsmechanismen - Lehrstuhl für ...
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Kapitel 4 <strong>Vergleich</strong> der bestehenden Vertragsmechanismen<br />
132<br />
„Ein Streitfall berechtigt den Auftragnehmer nicht, die übertragenen Arbeiten einzustellen, es sei<br />
denn, daß der Auftraggeber eine fällig gewordene Zahlung trotz Mahnung innerhalb einer<br />
gestellten Nachfrist nicht geleistet hat.“<br />
Bereits in der Fassung aus dem Jahr 1965 ist eine Regelung zur vorzeitigen Streitschlichtung<br />
nicht mehr enthalten, ebenso ist die Regelung der Einstellung der Arbeiten in Ausnahmefällen<br />
gestrichen worden. Die Einstellung infolge nicht geleisteter Zahlungen trotz verstrichener<br />
Nachfrist wurde jedoch in § 16 Nr. 4 Abs. 3 VOB/B (1965) „Zahlung“ aufgenommen und behält<br />
somit nach wie vor Gültigkeit. Nach Ingenstau und Korbion besteht darüber hinaus die<br />
Möglichkeit in Ausnahmefällen <strong>für</strong> den Auftragnehmer das Einstellen der Arbeiten zu erwägen,<br />
sofern bei objektiver Betrachtung die Fortführung der Leistung nach den Grundsätzen von Treu<br />
und Glauben <strong>für</strong> den Auftragnehmer unzumutbar ist. 153<br />
Erst die aktuelle Fassung der VOB aus dem Jahr 2006 greift die bereits 1926 enthaltene<br />
Regelung zur vorzeitigen Streitschlichtung in § 18 Nr. 3 VOB/B wieder auf. Schulze-Hagen und<br />
Vygen beklagen jedoch den fehlenden Mut des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses<br />
(DVA), der mit der Einführung des § 18 Nr. 3 VOB/B 2006 zwar ein Verfahren zur<br />
Streitbeilegung ermöglicht, dieses jedoch zu „inhaltsleer“ 154 bzw. zu „schwach“ 155 tätigt.<br />
Laut der bereits mehrfach zitierten Umfrage des Deutschen Baugerichtstages e.V. be<strong>für</strong>worten<br />
bei den Auftragnehmern 81,45 %, bei den Auftraggebern 69,92 % der Befragten ein<br />
zwingendes außergerichtliches Streitlösungsverfahren vor Einleitung eines Bauprozesses.<br />
Unterstützt wird diese Forderung bereits durch den Gesetzgeber, der durch die Reform des<br />
selbstständigen Beweisverfahrens die Prozessvermeidung fördern wollte. 156 Im Bereich von<br />
Bagatellen ist bereits durch § 15a Einführungsgesetz ZPO (EGZPO) eine<br />
Ermächtigungsgrundlage <strong>für</strong> eine Zulassungsvoraussetzung <strong>für</strong> gerichtliche Streitigkeiten<br />
geschaffen worden, die besagt, dass zunächst eine erfolglose außergerichtliche Schlichtung hat<br />
erfolgen müssen.<br />
§15a EGZPO<br />
„Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Erhebung der Klage erst zulässig ist,<br />
nachdem von einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle<br />
versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen….“<br />
Wie bereits verdeutlicht wurde, hält die VOB/B 2006 zum Thema der vorläufigen Streitbeilegung<br />
keine detaillierten Regelungen vor, mit Ausnahme § 18 Nr. 2 und 3 VOB/B. In § 18 Nr. 2 VOB/B<br />
wird die Möglichkeit <strong>für</strong> den Auftragnehmer geregelt, im Konfliktfall mit Behörden die der<br />
auftraggebenden Stelle unmittelbar vorgesetzte Stelle anzurufen, die dem Auftragnehmer<br />
innerhalb definierter Fristen die Möglichkeit zur mündlichen Aussprache gewähren soll und<br />
anschließend innerhalb einer weiteren Frist eine Entscheidung treffen soll. Lembcke beschreibt<br />
153<br />
Vgl. Ingenstau, Heinz und Hermann Korbion (Hrsg.): § 18 Nr. 3 VOB/B. Rn. 15. In: VOB Teil A und B.<br />
Kommentar. 5. Aufl. Düsseldorf 1968.<br />
154<br />
Schulze-Hagen, Alfons: Plädoyer <strong>für</strong> Adjudikation in Deutschland. In: Baurecht. 12/2007, S. 1952.<br />
155<br />
Vygen, Klaus: VOB/B 2006: Stellungnahme zum Beschluss des DVA-Hauptausschuss Allgemeines vom 17. Mai<br />
2006. Veröffentlicht auf ibr-online.de. Aufgerufen am 18.05.2008. Rn. 21 und 22.<br />
156<br />
Vgl. Schulze-Hagen, Alfons: Plädoyer <strong>für</strong> Adjudikation in Deutschland. In: Baurecht. 12/2007, S. 1951f.