Vergleich bauvertraglicher Regelungsmechanismen - Lehrstuhl für ...
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Kapitel 4 <strong>Vergleich</strong> der bestehenden Vertragsmechanismen<br />
zutreffend sind, während allgemeine Technische Vertragsbedingungen <strong>für</strong> Bauleistungen<br />
(VOB/C) allgemeingültig sind und nicht projektspezifisch variieren.<br />
4.3.1.1 Änderung des Bausolls<br />
Nach § 315 BGB ist es keiner Vertragspartei gestattet, eine einseitige Leistungsbestimmung<br />
vorzunehmen, sofern es nicht eine ausdrückliche oder stillschweigende Einigung beider<br />
Parteien im Vertrag darüber gibt, dass derartige Bestimmungen zulässig sind. 93 § 1 Nr. 3<br />
VOB/B ist als ausdrückliche vertragliche Regelung zu verstehen, die dem Auftraggeber<br />
einräumt, einseitige „Änderungen des Bauentwurfs“ vorzunehmen. Eine abschließende<br />
Definition des Begriffs „Bauentwurf“ ist aktuell nicht möglich. In der Literatur wird vielseitig<br />
diskutiert, ob der Bauentwurf ausschließlich das Bauinhaltssoll, d.h. die planerische und<br />
technische Leistungsbeschreibung des Objektes („was zu bauen ist“) umfasst oder ob darunter<br />
auch die Bauumstände („wie zu bauen ist“) zu subsumieren sind. Die Bauumstände<br />
beschreiben die baulichen Rahmenbedingungen, die sich in Bauablaufsoll, Bauverfahrenssoll<br />
und Beschaffenheitssoll differenzieren lassen. 94 Das Bauablaufsoll umfasst den Bereich der<br />
Ablaufplanung, in der der Auftragnehmer seinen Produktionsprozess so plant, dass er<br />
einerseits die zeitlichen Vorgaben des Auftraggebers und andererseits die eigenen Ressourcen<br />
(Arbeitskräfte, Maschinen) und technischen Abhängigkeiten von Vorgängen enthält.<br />
4.3.1.2 Ergänzungen des Bausolls<br />
Nach § 1 Nr. 4 VOB/B steht es dem Auftraggeber zu, auch Ergänzungen des Bausolls in dem<br />
Maße durchzuführen, wie es <strong>für</strong> die Gesamtfertigstellung der entsprechenden Bauaufgabe<br />
erforderlich ist. Eine Voraussetzung hier<strong>für</strong> ist, dass der Betrieb des Auftragnehmers auf<br />
derartige Arbeiten, die ergänzt werden sollen, auch eingestellt ist. Diese von der VOB<br />
vorgegebene Rahmenbedingung ist folglich flexibel zu verstehen, da ein Unternehmen, das<br />
lediglich Schalungsarbeiten <strong>für</strong> Stahlbetonwände ausführt, nicht zusätzlich damit beauftragt<br />
werden kann (ohne dessen Zustimmung), einen zusätzlichen Dachstuhl herzustellen, der in<br />
Holzbauweise erstellt wird. Bei einem Generalunternehmer, der dem Auftraggeber gegenüber<br />
als <strong>für</strong> alle Bereiche der Leistungserbringung kompetentes Unternehmen auftritt, lässt sich die<br />
Grenze der Leistungen, die nicht zusätzlich angeordnet werden dürfen, nicht weit aufspannen,<br />
da von dem Unternehmen erwartet wird, alle Leistungen erbringen zu können.<br />
4.3.1.3 Formerfordernisse zur Anordnung von Leistungen nach Vertragsschluss<br />
Damit geänderte oder zusätzliche Leistungen zum Bausoll werden, sind diese wirksam durch<br />
den Auftraggeber anzuordnen. Die Legitimation erhält der Auftraggeber über § 1 Nr. 3 und Nr. 4<br />
VOB/B. Vorschriften <strong>für</strong> die Form der Mitteilung der Anordnung sind in der VOB/B <strong>für</strong><br />
Leistungsänderungen oder -ergänzungen nicht getroffen. Es ist jedoch aus § 2 Nr. 5 und Nr. 6<br />
abzuleiten, dass die verbindliche Anordnung von Leistungen vor der Ausführung der Leistungen<br />
zu erfolgen hat, da auch nach Möglichkeit vor der Ausführung die Vereinbarung des neuen<br />
Preises <strong>für</strong> die Leistung zu erfolgen hat (vgl. § 2 Nr. 5 VOB/B).<br />
93<br />
Vgl. Heinrichs, Helmut: § 315 BGB, Rn. 1. In: Bürgerliches Gesetzbuch – Beck’sche Kurz-Kommentare. Band 7.<br />
Hrsg. Otto Palandt. München 2005.<br />
94<br />
Vgl. Keldungs, Karl-Heinz: § 1 Nr. 2 VOB/B. Rn. 3. In: VOB – Teile A und B. Kommentar. Hrsg. Horst Locher und<br />
Klaus Vygen. 16. Aufl. Düsseldorf 2007. und Zimmermann, Josef: Schlüsselfertiges Bauen. Skriptum zur<br />
gleichnamigen Vorlesung am <strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> Bauprozessmanagement und Immobilienentwicklung der Technischen<br />
Universität München. Ausgabe 10/2007. München 2007, S. 2-1.<br />
83