Vergleich bauvertraglicher Regelungsmechanismen - Lehrstuhl für ...
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Kapitel 4 <strong>Vergleich</strong> der bestehenden Vertragsmechanismen<br />
Die Behinderungsanzeige ist somit jedoch nicht ausschließlich als Anspruchswahrung im Sinne<br />
einer formal erforderlichen Handlung zu sehen, sondern vielmehr als ein wesentlicher<br />
Bestandteil eines gemeinsamen Kommunikationsprozesses 133 auf dem Bauprojekt, in der<br />
Auftraggeber und Auftragnehmer im Rahmen ihrer Kooperationspflichten sich gegenseitig bei<br />
der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen. Der Auftraggeber muss durch eine<br />
134, 135<br />
Behinderungsanzeige in die Lage versetzt werden, die hindernden Gründe beizulegen.<br />
Um in kurzer Zeit auf einen behindernden Umstand reagieren zu können, hat die Anzeige nach<br />
§ 6 Nr. 1 VOB/B „unverzüglich“ und schriftlich zu erfolgen. Unverzüglich wird juristisch als „ohne<br />
schuldhaftes Zögern“ mit einem Zeitraum von 1 bis 3 Tagen angesehen. Der Auftragnehmer hat<br />
folglich spätestens drei Tage, nachdem die Umstände der Behinderung hätten bekannt sein<br />
müssen, eine schriftliche Anzeige an den Auftraggeber zu übermitteln, andernfalls verliert er die<br />
Ansprüche auf Berücksichtigung der hindernden Umstände (vgl. Abbildung 4-24).<br />
Bekanntwerden der<br />
hindernden Umstände<br />
114<br />
unverzüglich<br />
Schriftliche<br />
Behinderungsanzeige<br />
Anspruchsverlust bei nicht erfolgter Behinderungsanzeige<br />
Abbildung 4-27: Fristen zur Wahrung von aus Behinderungen resultierenden Ansprüchen nach VOB/B<br />
Sofern die hindernden Umstände offenkundig sind, kann es dazu führen, dass auch bei<br />
unterbliebener schriftlicher Anzeige an den Auftraggeber der Auftragnehmer weiterhin Anspruch<br />
auf eine Berücksichtigung der hindernden Umstände hat. 136<br />
Bei der Verteilung der Gefahr, die in § 7 VOB/B geregelt ist, ist zu unterscheiden zwischen der<br />
Leistungs- und der Vergütungsgefahr. 137 Die Frage der Leistungsgefahr wird im Gesetz<br />
allgemein dahingehend entschieden, dass diese durch den Auftragnehmer getragen wird. Der<br />
Auftragnehmer bleibt, auch wenn die Leistung durch ein nicht aus seinem Risikobereich<br />
stammendes Ereignis zerstört wird, <strong>für</strong> die erfolgreiche Herstellung verantwortlich, sofern die<br />
Leistung nicht unmöglich geworden ist und kein „unverhältnismäßiger“ Aufwand mit der<br />
Herstellung verbunden ist. 138 . Die Vergütungsgefahr, die in § 7 VOB/B geregelt ist, liegt<br />
entsprechend § 7 Nr. 1 VOB/B dann beim Auftraggeber, wenn die Leistung vor der „Abnahme<br />
133<br />
Vgl. Zacherl, Rita: Anforderungen und Konsequenzen aus Bedenken und Behinderungsanzeige. S. 17-6. In:<br />
Seminar Unternehmeringenieur. Hrsg. Josef Zimmermann. Skriptum zur gleichnamigen Vorlesung am <strong>Lehrstuhl</strong><br />
<strong>für</strong> Bauprozessmanagement und Immobilienentwicklung der Technischen Universität München. München 2008.<br />
134<br />
Vgl. Oberhauser, Iris: Privates Baurecht. Vorlesungsskriptum zur gleichnamigen Vorlesung am <strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong><br />
Bauprozessmanagement und Immobilienentwicklung der Technischen Universität München. Ausgabe 10/2007.<br />
München 2007, S. 7-6.<br />
135<br />
Vgl. hierzu auch die Anmerkungen zu den FIDIC Verträgen: FIDIC (Hrsg.): The FIDIC Contracts Guide. Genf<br />
2000, S. 299.<br />
136<br />
Für den Fall der Offenkundigkeit des Behinderungsumstandes erfolgt nach VOB kein Anspruchsverlust bei nicht<br />
erfolgter schriftlicher Behinderungsanzeige. Die Behinderungsanzeige sollte jedoch aus Gründen der<br />
Beweisbarkeit und Dokumentation des gesamten Bauablaufs immer schriftlich erfolgen.<br />
137<br />
Oppler, Peter: § 7 VOB/B Rn. 2-3. In: VOB – Teile A und B. Kommentar. Hrsg. Horst Locher und Klaus Vygen.<br />
16. Aufl. Düsseldorf 2007.<br />
138<br />
Vgl. Kaiser, Gisbert: Die Gefahrtragung im Bauvertrag. In: Festschrift <strong>für</strong> Hermann Korbion zum 60. Geburtstag<br />
am 18. Juni 1986. Hrsg. Walter Pastor. Düsseldorf 1986, S. 199.