Vergleich bauvertraglicher Regelungsmechanismen - Lehrstuhl für ...
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Kapitel 4 <strong>Vergleich</strong> der bestehenden Vertragsmechanismen<br />
Verträgen sehen einen weiteren neutralen Projektbeteiligten (Engineer bzw. Project Manager)<br />
vor, der diese Aufgaben im Rahmen seiner vertraglichen Pflichten mit zu erbringen hat. Erst<br />
wenn seine Entscheidung von einer Partei angefochten wird, liegt eine Streitigkeit vor, die der<br />
Adjudication übergeben wird.<br />
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass derzeit im Bereich der außergerichtlichen<br />
Streitbeilegung zahlreiche Diskussionen in Fachgremien geführt werden, die zum Ziel haben,<br />
die angloamerikanisch bereits erfolgreichen Modelle, wie Adjudication oder Dispute<br />
Adjudication Boards, in Deutschland einzuführen. Wie bereits aufgezeigt wurde, enthält die<br />
derzeitig gültige VOB/B 2006 lediglich einen Hinweis auf eine obligatorische Streitbeilegung,<br />
sofern die Parteien diese individuell vereinbaren.<br />
Nach eingehender Literaturrecherche ist jedoch deutlich, dass derartige Verfahren nicht nur die<br />
Anzahl der Bauprozesse vor staatlichen Gerichten reduzieren, sondern auch die vielfach<br />
geforderte Fortsetzung der Leistungserbringung auf den Projekten fördern, da innerhalb kurzer<br />
Fristen <strong>für</strong> beide Parteien Klarheit hinsichtlich ihrer Pflichten und Rechte herrscht.<br />
Es ist also unbedingt anzuraten, auch in Deutschland ein Verfahren zur außergerichtlichen<br />
Streitbeilegung <strong>für</strong> alle Projekte – unabhängig von dem Projektumfang und dem potentiellen<br />
Streitwert – zu vereinbaren. Ob dieses in Form eines Gesetzes, wie der HGCRA in<br />
Großbritannien, oder durch eine Einbeziehung in die Vergabe- und Vertragsordnung erfolgt,<br />
kann an dieser Stelle nicht abschließend festgelegt werden, da hierzu umfangreiche juristische<br />
Überprüfungen erforderlich sein werden. Ebenso bleibt die Frage nach der Verbindlichkeit des<br />
Spruches vor der gerichtlichen Austragung offen, da es sich hierbei um eine juristische und<br />
keine baubetriebliche Fragestellung handelt. Es ist jedoch aus baubetrieblicher Sicht<br />
anzumerken, dass bei konsensualer Entscheidung der außergerichtlichen Streitbeilegung durch<br />
einen unabhängigen Dritten diese <strong>für</strong> die betroffenen Parteien auch bindend bleiben sollte,<br />
sofern sie nicht innerhalb vorgegebener Fristen Widerspruch gegen den Spruch einlegen und<br />
den Weg in die nächste Instanz wählen. Nur durch diesen quasi-verbindlichen Charakter kann<br />
ein gemeinsames Streben nach einem Projektziel weiterhin gewährleistet werden. Sofern jede<br />
Partei damit rechnen muss, dass die andere zu einem späteren Zeitpunkt diesen<br />
Konfliktbereich erneut aufgreifen und gerichtlich entscheiden lassen wollte, bleibt die<br />
Projekttätigkeit von gegenseitigem Misstrauen geprägt, das keinesfalls zu einer Optimierung<br />
des Bauprozesses und damit zu einer Effizienzverbesserung führen wird.<br />
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