Vergleich bauvertraglicher Regelungsmechanismen - Lehrstuhl für ...
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4.2.3 Die Person des unabhängigen Adjudicators<br />
Kapitel 4 <strong>Vergleich</strong> der bestehenden Vertragsmechanismen<br />
Auftraggeber und Auftragnehmer schließen im Rahmen eines Projektes zahlreiche weitere<br />
Verträge mit Erfüllungsgehilfen, <strong>für</strong> die sie gegenüber dem anderen Vertragspartner aus dem<br />
Hauptvertrag verantwortlich bleiben. Somit lassen sich, wie in Abbildung 4-8 dargestellt, zwei<br />
Sphären bilden: diejenige des Auftraggebers und diejenige des Auftragnehmers. Die bisher<br />
erläuterten Projektbeteiligten lassen sich eindeutig einer Sphäre zuordnen, indem der jeweilige<br />
Vertragspartner entweder der Auftraggeber oder Auftragnehmer ist.<br />
Der Adjudicator wird über einen separaten Vertrag, den NEC Adjudicator’s Contract, in das<br />
Projekt eingebunden, jedoch nicht durch eine Vertragspartei, sondern durch den Auftraggeber<br />
und den Auftragnehmer. Dadurch erhält er eine besondere Position auf dem Projekt, die keiner<br />
der beiden Sphären zuzuordnen ist. Der Adjudicator agiert als unparteiischer objektiver Dritter<br />
auf dem Projekt (vgl. Cl. 1.1 NEC Adjudicator’s Contract).<br />
Der Adjudicator wird, wie in Kapitel 4.7.2.5 ausführlich dargestellt wird, im Streitfall zwischen<br />
den beiden Vertragsparteien eine vorläufig bindende Entscheidung herbeiführen. Der Weg bis<br />
zur Entscheidung ist an diverse Formerfordernisse geknüpft, die in der Option W1 und W2 des<br />
NEC ECC enthalten sind und zwingend im Bauvertrag zu vereinbaren sind. Da die detaillierten<br />
Regelungen zum Verfahren der Adjudication bereits im Bauvertrag enthalten sind, werden sie<br />
im NEC Adjudicator’s Contract nicht erneut formuliert.<br />
Zur Wahl des Adjudicators gibt es keine Verfahrensvorgabe. In der Praxis haben sich vielmehr<br />
verschiedene Verfahren etabliert, deren Grundlage darauf beruht, dass beide Vertragsparteien<br />
volles Vertrauen in die Objektivität des Adjudicators haben. 83 Der Adjudicator sollte eine<br />
entsprechende Erfahrung mit vergleichbaren Projektaufgaben vorweisen können, um eine<br />
inhaltlich richtige Entscheidung treffen zu können. Ohne Vertrauen in die Objektivität und<br />
Erfahrung des Adjudicators würden sich die Vertragsparteien nicht der Entscheidung beugen,<br />
sondern diese in einem weiteren Verfahren vor einem staatlichen Gericht anfechten. Die Person<br />
des Adjudicators ist jedoch gezielt in die Projektabwicklung einbezogen worden, um den<br />
Gerichtsweg und die damit häufig verbundenen langen Verfahrensdauern zu vermeiden. Sofern<br />
sich die Vertragsparteien nicht gemeinschaftlich auf einen Adjudicator einigen können, wird<br />
dieser im Streitfall durch eine unabhängige dritte Instanz benannt, die in England als<br />
Adjudicator Nominating Body bezeichnet wird. Hierzu zählen in Großbritannien die mit den in<br />
Deutschland vergleichbaren Berufsverbände, im Wesentlichen die Royal Institution of Chartered<br />
Surveyors (RICS) sowie das Royal Institute of Architects (RIBA). Eine gesetzliche Vorgabe<br />
hinsichtlich Ernennung zur Adjudicator Nominating Body existiert hingegen nicht. Neben den<br />
Anforderungen der Objektivität, der Erfahrung und der Mitgliedschaft in einem der<br />
Berufsverbände werden keine weiteren in den Verträgen formuliert. Durch die Mitgliedschaft in<br />
einem der Berufsverbände werden jedoch Anforderungen an den Adjudicator gestellt, da dieser<br />
• sich in die Liste der Berufsverbände eintragen lassen muss,<br />
• sich permanent fortbilden muss,<br />
• strengen Verhaltens- und Standesregeln unterliegt,<br />
83 Vgl. Institution of Civil Engineers: Guidance notes and flow charts for the Adjudicator’s Contract. 3. Aufl. London<br />
2005, S. 2.<br />
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