Vergleich bauvertraglicher Regelungsmechanismen - Lehrstuhl für ...
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Kapitel 4 <strong>Vergleich</strong> der bestehenden Vertragsmechanismen<br />
gesetzliche Regelungen zur außergerichtlichen Streitbeilegung im Bauprozess durch<br />
„Adjudikationsverfahren“ empfehlen. Der Arbeitskreis VII „Außergerichtliche Streitbeilegung“ hat<br />
sich bewusst <strong>für</strong> eine deutsche Bezeichnung des Verfahrens „Adjudikation“ entschieden, um<br />
hervorzuheben, dass dieses geringe Modifikationen von den bekannten Verfahren aus den<br />
FIDIC- und NEC3-Vertragswerken enthält. Auf die detaillierten Veränderungen, die im Entwurf<br />
derzeit zur Diskussion stehen, wird im Rahmen dieses Berichts jedoch nicht näher<br />
eingegangen, da der Fokus der Änderungen vornehmlich auf dem Bereich der Anforderungen<br />
hinsichtlich einer Implementierung in das deutsche Rechtssystem liegt. Im weiteren Verlauf<br />
dieses Berichts wird daher bewusst unterschieden in Adjudication und Adjudikation, auch wenn<br />
die inhaltlichen Unterschiede keine Auswirkungen auf die Ergebnisse dieser Arbeit haben.<br />
Nach Schulze-Hagen hängt der Erfolg der Adjudikation im Wesentlichen von der moralischen<br />
Integrität und Fachkompetenz des Adjudikators ab. 177 Die Erläuterungen zum Red Book führen<br />
als weiteren zentralen Faktor das Vertrauen der Parteien in den Adjudicator an. 178 Dieser kann<br />
nicht grundsätzlich durch eine einzelne Berufsgruppe vertreten werden, da interdisziplinäre<br />
Fähigkeiten im Bereich des Rechts, Baurechts, der Bautechnik sowie der Baubetriebswirtschaft<br />
von ihm verlangt werden.<br />
Beispielhaft sind zur Verdeutlichung der Fristen-Regelungen die Angaben aus dem Red Book<br />
ausgewertet und in Abbildung 4-39 dargestellt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen<br />
Ansprüchen und Streitigkeiten. Bei finanziellen oder zeitlichen Ansprüchen, die der<br />
Auftragnehmer zu haben glaubt, muss er diese spätestens 28 Tage, nachdem die Umstände<br />
bekannt wurden, an den Engineer mitteilen, der projektbezogen die erste entscheidende<br />
Instanz in dieser Angelegenheit darstellt. Nach spätestens 42 Tagen hat der Auftragnehmer<br />
dem Engineer bereits eine substantiierte Darlegung seiner Ansprüche vorzulegen, so dass<br />
dieser in weiteren 42 Tagen (maximal) seine Zustimmung oder Ablehnung erteilt. Sofern eine<br />
der Parteien mit der Entscheidung des Engineers nicht einverstanden ist, liegt ein Konflikt bzw.<br />
eine Streitigkeit vor. Diese ist – unabhängig davon, ob bereits zuvor der Engineer eine<br />
einvernehmliche Entscheidung getroffen hat oder nicht – dem Dispute Adjudication Board<br />
schriftlich vorzulegen sowie in Kopie der anderen Partei und dem Engineer. 84 Tage nach der<br />
schriftlichen Vorlage muss das DAB eine begründete Entscheidung abgeben, nachdem zuvor<br />
die Parteien entsprechende Unterlagen auf Anfordern des DAB zur Verfügung gestellt haben.<br />
Sofern eine der Parteien mit der zunächst bindenden Entscheidung nicht einverstanden ist, hat<br />
sie innerhalb von weiteren 28 Tagen ihre Unzufriedenheit diesbezüglich mitzuteilen. Erst<br />
dadurch kann die ansonsten bindende Wirkung der Entscheidung des DAB gelockert werden.<br />
Sofern die Parteien auch nach weiteren 56 Tagen (Mindestfrist) keine gütliche Einigung in der<br />
Sache erzielen konnten, dürfen sie ein Schiedsgerichtsverfahren anstreben. Die gesamte Dauer<br />
vom Auftreten eines Anspruches, der z.B. durch eine <strong>für</strong> den AN nicht nachvollziehbare<br />
Entscheidung des Engineers zu einer Streitigkeit wird, bis zur bindenden Entscheidung durch<br />
das DAB beträgt daher 168 Tage, bis zum Beginn eines Schiedsgerichtsverfahrens 252 Tage.<br />
Der Tag, an dem eine Streitigkeit dem DAB vorgetragen wird, ist jedoch nicht festgelegt und<br />
kann bereits auch eher erfolgen als nach der Entscheidung des Engineers. Somit ist in<br />
Abbildung 4-39 der Tag der Mitteilung an das DAB mit „x“ gekennzeichnet.<br />
177 Vgl. Schulze-Hagen, Alfons: Plädoyer <strong>für</strong> Adjudikation in Deutschland. In: Baurecht. 12/2007, S. 1956.<br />
178 Vgl. FIDIC: Conditions of Contract for Construction. First Edition. Lausanne 1999, Guidance. Cl. 20, S. 19.<br />
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