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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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166 PASSAGEN DFR SOUVERÄNITÄT<br />

chen Ausmaß die dortige Unternehmenspraxis) genauer, so wird deutlich,<br />

dass Unternehmen nicht einfach dadurch funktionieren, dass sie den Anderen<br />

aus geschlechtsspezifischen oder rassischen Gründen ausschließen. Im<br />

Gegenteil, die alten modernen Formen rassistischer und sexistischer Theorie<br />

sind die expliziten Feinde dieser <strong>neue</strong>n Unternehmenskultur. <strong>Die</strong> Unternehmen<br />

versuchen Differenz innerhalb ihres Bereichs einzubeziehen, mit<br />

dem Ziel, die Kreativität, das freie Spiel und die Vielfalt am Arbeitsplatz zu<br />

maximieren. Menschen aller Rassen, beiderlei Geschlechts und wie auch<br />

immer gearteter sexueller Ausrichtung sollen nach Möglichkeit ins Unternehmen<br />

einbezogen werden; die tägliche Routine am Arbeitsplatz soll<br />

durch unerwartete Veränderungen und ein Klima des Spaßes aufgelockert<br />

werden. Reißt die alten Beschränkungen nieder und lasst hundert Blumen<br />

blühen! (Newfield 1995) <strong>Die</strong> Aufgabe des Chefs besteht folglich darin, diese<br />

Energien und Differenzen im Interesse des Gewinns zu organisieren und<br />

zu koordinieren. <strong>Die</strong>ses Projekt wird denn auch passenderweise als<br />

»diversity management« bezeichnet. In diesem Lichte erscheinen die Unternehmen<br />

nicht nur als »fortschrittlich«, sondern auch als »postmodern«, als<br />

Vorreiter einer ganz realen Politik der Differenz.<br />

Auch die Produktionsprozesse des Kapitals haben Formen angenommen,<br />

in denen sich postmoderne Projekte erkennen lassen. Wir werden weiter<br />

unten noch reichlich Gelegenheit haben (v.a. in Abschnitt III.4) zu untersuchen,<br />

wie es dazu kam, dass die Produktion heute in flexiblen und hybriden<br />

Netzwerken organisiert ist. In dieser Hinsicht, so glauben wir, bezeichnen<br />

die heutigen Veränderungen des Kapitals und des Weltmarkts wirklich einen<br />

Prozess der Postmodernisierung.<br />

Wir stimmen ohne Zweifel mit zeitgenössischen Theoretikern wie David<br />

Harvey und Fredric Jameson darin überein, dass die Postmoderne eine <strong>neue</strong><br />

Phase kapitalistischer Akkumulation und Warenproduktion darstellt, welche<br />

die heute stattfindende Verwirklichung des Weltmarkts begleitet<br />

(Jameson 1990; Harvey 1989). <strong>Die</strong> globale Politik der Differenz, die der<br />

Weltmarkt etabliert, wird nicht durch freies Spiel und Chancengleichheit<br />

bestimmt, sondern durch die Errichtung <strong>neue</strong>r Hierarchien, oder genauer:<br />

durch einen unablässigen Hierarchisierungsprozess. Postmoderne und postkoloniale<br />

Theorien (und, wenn auch in ganz anderer Weise, die Fundamentalismen)<br />

sind somit in der Tat Hinweise auf diesen gerade stattfindenden<br />

Übergang und in dieser Hinsicht unentbehrlich.

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