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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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272 PASSAGEN DBR PRODUKTION<br />

gime hatte sein Reifestadium erreicht und zwang das Kapital zur strukturellen<br />

Veränderung, zum Paradigmen Wechsel.<br />

Zwei, drei, viele Vietnam<br />

In den späten 1960er Jahren steckte das internationale System kapitalistischer<br />

Produktion in der Krise. 26 Kapitalistische Krise heißt, wie Marx erklärt,<br />

eine Situation, die das Kapital zur allgemeinen Entwertung und zu<br />

einer grundlegenden Neuregelung im Produktionsverhältnis zwingt; sie<br />

resultiert aus dem Druck, den das Proletariat auf die Profitrate ausübt. Mit<br />

anderen Worten ist die kapitalistische Krise nicht eine simple Funktion der<br />

Kapitaldynamik selbst, sondern ihre Ursache ist unmittelbar der proletarische<br />

Kampf (vgl. <strong>Negri</strong> 1972). Das marxistische Verständnis der Krise hilft,<br />

die wichtigsten Merkmale der Krise der späten 1960er Jahre ans Licht zu<br />

bringen. Der Fall der Profitrate und die Risse in den Kommandoverhältnissen<br />

während jener Periode lassen sich am besten verstehen, wenn man sie<br />

als Ergebnis des Zusammentreffens und der Akkumulation proletarischer<br />

und antikapitalistischer Angriffe gegen das internationale kapitalistische<br />

System begreift.<br />

In den herrschenden kapitalistischen Ländern wurde man damals Zeuge<br />

einer Offensive von Arbeiterkämpfen, die sich in erster Linie gegen die<br />

Disziplinarregimes kapitalistischer Arbeit richteten. Der Angriff fand seinen<br />

Ausdruck allgemein in der Verweigerung der Arbeit und speziell in der<br />

Verweigerung der Fabrikarbeit. Er richtete sich gegen die Produktivität und<br />

gegen ein Entwicklungsmodell, das auf die Produktivitätssteigerung der<br />

Fabrikarbeit setzte. <strong>Die</strong> Verweigerung gegenüber dem Disziplinarregime<br />

und die Behauptung einer Sphäre der Nichtarbeit wurden die entscheidenden<br />

Merkmale einer Reihe kollektiver Praxisformen und einer <strong>neue</strong>n Lebensweise<br />

(vgl. Castellano u.a. 1988; Virno 1998; Carpignano 1976). An<br />

zweiter Stelle gelang es dem Angriff, die kapitalistische Einteilung des Arbeitsmarkts<br />

zu unterlaufen. <strong>Die</strong> drei Hauptmerkmale des Arbeitsmarkts —<br />

die Separation sozialer Gruppen (entlang klassenspezifischer, rassistischer,<br />

ethnifizierter oder geschlechtspezifischer Schichtungen), die Verflüssigung<br />

der Arbeit (soziale Mobilität, Tertiarisierung, <strong>neue</strong> Verhältnisse zwischen<br />

direkt und indirekt produktiver Arbeit etc.) und die Hierarchien abstrakter<br />

Arbeit - waren allesamt durch die steigende Kompromisslosigkeit und Verallgemeinerung<br />

der Arbeiterforderungen in Frage gestellt. <strong>Die</strong> zunehmende

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