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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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54 DIE POLITISCHE KONSTITUTION DER GEGENWART<br />

Reihe mit den avanciertesten Technologien der roboterisierten Produktion).<br />

Virtualität und Diskontinuität der imperialen Souveränität verringern jedoch<br />

keineswegs die Herrschaft in ihrer Wirkung; im Gegenteil, diese Eigenschaften<br />

dienen dazu, den Apparat zu festigen sowie im aktuellen historischen<br />

Kontext seine Stärke und seine Legitimität zu demonstrieren, Gewalt<br />

auszuüben, um die Probleme der Welt in letzter Instanz zu lösen.<br />

Wir können uns nun der Frage zuwenden, ob auf der Grundlage der beschriebenen<br />

<strong>neue</strong>n biopolitischen Prämissen die Gestalt und das Leben des<br />

<strong>Empire</strong> heute in Form eines juridischen Modells erfasst werden können.<br />

Wir haben bereits gesehen, dass ein solches juridisches Modell nicht aus<br />

den existierenden Strukturen des internationalen Rechts abgeleitet werden<br />

kann, selbst wenn man die fortgeschrittenste Entwicklung betrachtet, die<br />

heute die Vereinten Nationen und andere große internationale Organisationen<br />

genommen haben. <strong>Die</strong> dort ausgebildete internationale Ordnung mag<br />

im äußersten Fall als Moment im Übergangsprozess zur <strong>neue</strong>n imperialen<br />

Macht angesehen werden. <strong>Die</strong> Konstitution des <strong>Empire</strong> nimmt weder auf<br />

der Grundlage von Verträgen oder Abkommen noch durch irgendwelche<br />

föderativen Mechanismen Gestalt an. Der Ursprung der imperialen Normativität<br />

ist ein <strong>neue</strong>r Apparat, ein ökonomisch-industriell-kommunikativer<br />

Apparat — kurz: ein globaler biopolitischer Apparat. Es scheint somit klar,<br />

dass wir nach etwas anderem suchen müssen als nach dem, was bisher<br />

Grundlage der internationalen Ordnung war, etwas, das nicht auf der Form<br />

von Recht beruht, das in verschiedensten Traditionen auf dem modernen<br />

System souveräner Nationalstaaten gründete. <strong>Die</strong> Unmöglichkeit jedoch,<br />

das Entstehen des <strong>Empire</strong> und seiner virtuellen Gestalt mit einem der alten<br />

Instrumente der Rechtstheorie, die sich im Rahmen realistischer, institutionalistischer,<br />

positivistischer oder Naturrechtstheorien entwickelten, zu begreifen,<br />

sollte uns nicht dazu verleiten, uns mit zynischen Erklärungen zufrieden<br />

zu geben, die ausschließlich Gewalt oder machiavellistische Positionen<br />

kennen. In der Entstehung des <strong>Empire</strong> ist tatsächlich eine Rationalität<br />

am Werk, die nicht so sehr in den Begriffen der Rechtstradition zu fassen<br />

ist, sondern erst durch die oftmals verborgene Geschichte des industriellen<br />

Managements und des politischen Einsatzes der Technologie deutlicher<br />

wird. (Ebenso dürfen das Hin und Her des Klassenkampfes und seine institutionellen<br />

Auswirkungen nicht vergessen werden, ein Thema, das wir im<br />

folgenden Abschnitt behandeln werden.) <strong>Die</strong>se Rationalität führt uns geradewegs<br />

zur Biopolitik und zu biopolitischen Technologien.

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