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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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1. Virtualitäten<br />

<strong>Die</strong> Menschen existieren nicht mehr oder noch nicht (...) die<br />

Menschen fehlen.<br />

Gilles Deleuze<br />

Im Verlaufe unseres bisherigen Gedankengangs haben wir uns ganz allgemein<br />

mit dem <strong>Empire</strong> befasst, und zwar in Form einer Kritik dessen, was ist<br />

und existiert, d.h. in ontologischer Hinsicht. Mitunter jedoch wollten wir<br />

der Argumentation mehr Gewicht verleihen und haben uns deshalb dem<br />

Problem mit Hilfe eines ethisch-politischen Diskurses genähert, um die<br />

Leidenschaften und Interessen zu bestimmen - etwa als wir schon ziemlich<br />

bald vom Standpunkt der Menge aus das <strong>Empire</strong> als weniger schlecht oder<br />

besser als das vorhergehende Machtparadigma eingeschätzt haben. Das politische<br />

Denken in England von Hobbes bis Hume bietet wohl das paradigmatische<br />

Beispiel für einen solchen ethisch-politischen Diskurs, der seinen<br />

Ausgang von einer pessimistischen Beschreibung der vorgesellschaftlichen<br />

menschlichen Natur nahm und im Vertrauen auf einen transzendenten<br />

Machtbegriff die Legitimität des Staates zu etablieren versuchte. Der (mehr<br />

oder weniger liberale) Leviathan ist weniger schlecht, verglichen mit dem<br />

Krieg aller gegen alle, und besser, weil er Frieden schafft und bewahrt (vgl.<br />

Macpherson 1973; Hirschman 1980). <strong>Die</strong>se Art politischen Denkens ist<br />

jedoch heute nicht mehr brauchbar. Es geht nämlich davon aus, dass sich<br />

das Subjekt als vorgesellschaftliches und außerhalb der Gemeinschaft stehendes<br />

auffassen lässt, und erlegt ihm deshalb eine Art transzendentaler<br />

Sozialisation auf. Im <strong>Empire</strong> jedoch gibt es keine Subjektivität außerhalb,<br />

und alle Orte wurden unter einen allgemeinen Nicht-Ort subsumiert. <strong>Die</strong><br />

transzendentale Fiktion von Politik ist nicht mehr aufrechtzuerhalten und<br />

für die Argumentation unbrauchbar geworden, weil wir alle vollständig im<br />

Bereich des Sozialen und Politischen existieren. Wenn wir diese radikale

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