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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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198 PASSAGEN DER SOUVERÄNITÄT<br />

luten Befreiung finden können. Alle anderen metaphyischen Haltungen der<br />

Moderne, vor allem die transzendentalen Positionen, für die in erster Linie<br />

Descartes und Hobbes stehen, sind ihm Hinblick auf dieses Befreiungsprojekt<br />

nebensächlich und irreführend. Spinozas primäres Ziel ist es, die Einheit<br />

von wahrer Erkenntnis und mächtigem Körper zusammen mit der absoluten<br />

Konstruktion einer singulären und kollektiven Immanenz ontologisch<br />

zu entwickeln. Niemals zuvor hatte philosophisches Denken die traditionellen<br />

Dualismen der europäischen Metaphysik so radikal untergraben,<br />

und niemals zuvor hatte es folglich die politische Praxis von Transzendenz<br />

und Herrschaft so vehement in Frage gestellt. Jede Ontologie, die nicht den<br />

Stempel menschlicher Schöpferkraft trägt, wird verworfen. Das Begehren<br />

(cupiditas), das den Verlauf des Daseins und das Handeln in der Natur und<br />

beim Menschen bestimmt, wird nunmehr zur Liebe (amor) ­ die sowohl<br />

dem Natürlichen wie dem Göttlichen eigen ist. Und doch besitzt diese Utopie<br />

hier im letzten Teil der Ethik nur einen abstrakten und unbestimmten<br />

Wirklichkeitsbezug. Mitunter verlässt Spinozas Denken sein hohes Niveau<br />

ontologischer Argumentation und versucht sich mit der Wirklichkeit auseinander<br />

zu setzen, doch dieser asketische Vorsatz gerät ins Stocken und ins<br />

Wanken und verschwindet schließlich hinter dem mystischen Versuch, die<br />

Sprache der Wirklichkeit und die der Göttlichkeit miteinander in Einklang<br />

zu bringen. Am Ende scheint die Suche nach einem Außen bei Spinoza wie<br />

bei den anderen großen Kritikern der Moderne auf Grund zu laufen und nur<br />

noch mystische Phantasievorstellungen zu produzieren, negative Erkenntnis<br />

des Absoluten.<br />

Es gibt kein Außen mehr<br />

<strong>Die</strong> Bereiche »Innen« und »Außen« und deren Verhältnis zueinander werden<br />

in verschiedenen modernen Diskursen jeweils unterschiedlich aufgefasst/<br />

<strong>Die</strong> räumliche Anordnung von Innen und Außen als solche jedoch<br />

scheint uns ein allgemeines und grundlegendes Charakteristikum modernen<br />

Denkens zu sein. Im Übergang von der Moderne zur Postmoderne und vom<br />

Imperialismus zum <strong>Empire</strong> löst sich nun diese Unterscheidung zwischen<br />

Innen und Außen immer weiter auf.<br />

<strong>Die</strong>ser Wandel wird besonders deutlich, wenn man ihn hinsichtlich des<br />

Souveränitätsbegriffs betrachtet. Moderne Souveränität wurde im Allgemeinen<br />

im Hinblick auf ein (tatsächliches oder imaginiertes) Territorium

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