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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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308 PASSAGEN DER PRODUKTION<br />

auf und steigert sie ins Extrem, wenn er für die Zukunft voraussagt, dass<br />

Netzwerke die Schranken der Zirkulation überwinden und einen idealen,<br />

»reibungslosen« Kapitalismus erlauben werden: »Der Information Highway<br />

wird den elektronischen Markt ausweiten und ihn zum entscheidenden<br />

Mittler, zum allgegenwärtigen Makler machen.« (Gates 1995, 230) Würde<br />

Gates' Vision realisiert, dann würden Netzwerke alle Entfernungen überwinden<br />

und Transaktionen würden unmittelbar stattfinden können. Produktion<br />

und Konsumtion wären wechselseitig gegenwärtig, unabhängig von<br />

ihrem geografischen Ort.<br />

<strong>Die</strong>se fendenzen der Deterritorialisierung der Produktion und der erhöhten<br />

Kapitalmobilität sind keine absoluten Größen, es gibt bedeutende<br />

gegenläufige Tendenzen, doch in dem Maß, in dem sie voranschreiten, gerät<br />

die Arbeit in eine geschwächte Verhandlungsposition. In der Epoche der<br />

fordistischen Ordnung industrieller Massenproduktion war das Kapital an<br />

einen bestimmten Ort gebunden und damit daran, mit einer begrenzten arbeitenden<br />

Bevölkerung Arbeitsverträge auszuhandeln. <strong>Die</strong> Informatisierung<br />

der Produktion und die zunehmende Bedeutung der immateriellen Produktion<br />

weisen die Tendenz auf, das Kapital von den Beschränkungen durch<br />

Ort und Verhandlungen zu befreien. Das Kapital kann sich Verträgen mit<br />

einer bestimmten lokalen Bevölkerung entziehen, indem es sich zu einem<br />

anderen Punkt im globalen Netzwerk begibt - oder indem es bloß die Möglichkeit,<br />

sich zurückzuziehen, als Waffe in den Verhandlungen benutzt.<br />

Eine arbeitende Bevölkerung, die eine gewisse Stabilität und ihre vertraglich<br />

garantierte Macht genoss, kann so einer zunehmend prekären Beschäftigungssituation<br />

ausgesetzt sein. Ist die Verhandlungsposition der Arbeit<br />

geschwächt, kann die Netzwerkproduktion zahlreiche alte Formen nichtgaranticrtcr<br />

Arbeit annehmen und etwa Arbeit auf Honorarbasis, Heimarbeit,<br />

Arbeit in Teilzeit oder Stückakkord sein (vgl. Bologna/Fumagalli 1997).<br />

<strong>Die</strong> Dezentralisierung und globale Diffusion von Produktionsprozessen<br />

und -Standorten, die die Postmodernisierung oder Informatisierung der<br />

Ökonomie kennzeichnen, sind von einer Zentralisierung der Kontrolle über<br />

die Produktion begleitet. <strong>Die</strong> zentrifugale Bewegung der Produktion gleicht<br />

ein zentripetaler Trend des Kommandos aus. Auf lokaler Ebene erlauben<br />

Computernetzwerke und in die Produktionsabläufe integrierte Kommunikationstechnologien<br />

eine extensive Überwachung der Arbeiter von einem<br />

zentralen und entfernt gelegenen Ort aus. <strong>Die</strong> Kontrolle der Arbeitstätigkeiten<br />

kann im virtuellen panoptischen System der Netzwerkproduktion<br />

potenziell individualisiert und kontinuierlich werden. <strong>Die</strong> Zentralisierung

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