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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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212 PASSAGEN DER SOUVERÄNITÄT<br />

gegen den Zusarnmenschluss der Arbeiter genutzt werden konnten. Es war<br />

im Interesse der Bosse, dass der Schmelztiegel die Identitäten nicht auflöste,<br />

dass jede ethnische Gruppe weiterhin in einer separaten Gemeinschaft<br />

lebte und somit die Differenzen Bestand hatten.<br />

Eine ähnliche Strategie lässt sich heute bei der Arbeitsorganisation auf<br />

einer mittelamerikanischen Bananenplantage beobachten (Bourgeois 1989).<br />

Eine bunte ethnische Zusammensetzung der Arbeiterschaft dient dazu, den<br />

Arbeitsprozess besser kontrollieren zu können. Das transnationale Unternehmen<br />

wendet gegenüber jeder der ethnischen Arbeitergruppen ­ sie<br />

stammen aus verschiedenen europäischen und afrikanischen Ländern oder<br />

gehören verschiedenen Indianergruppen an ­ unterschiedliche Methoden<br />

und Grade der Ausbeutung und Unterdrückung an. <strong>Die</strong> Antagonismen und<br />

Trennlinien innerhalb der Arbeiterschaft, die entlang der verschiedenen<br />

ethnischen und identifikatorischen Linien verlaufen, steigern den Gewinn<br />

und erleichtern die Kontrolle. Eine vollständige kulturelle Anpassung genießt<br />

(im Gegensatz zur rechtlichen Integration) in der imperialen Strategie<br />

sicherlich keine Priorität. <strong>Die</strong> Wiederkehr ethnischer und nationaler Differenzen<br />

am Ende des 20. Jahrhunderts, nicht nur in Europa, sondern auch in<br />

Afrika, Asien und Amerika, hat dem <strong>Empire</strong> eine noch kompliziertere Aufgabe<br />

gestellt, in der es von Variablen nur so wimmelt, die sich ständig im<br />

Fluss befinden. Dass diese Gleichung mehr als nur eine Lösung besitzt, ist<br />

kein wirkliches Problem, im Gegenteil. Kontingenz, Mobilität und Flexibilität<br />

sind die wahre Macht des <strong>Empire</strong>. <strong>Die</strong> imperiale »Lösung« wird nicht<br />

darin bestehen, diese Differenzen zu negieren oder herunter zu spielen, sondern<br />

sie zu betonen und in einen effektiven Befehlsapparat einzubeziehen.<br />

»Teile und herrsche« ist nicht wirklich die korrekte Formel für die imperiale<br />

Strategie. In den meisten Fällen schafft das <strong>Empire</strong> keine Teilungen,<br />

sondern es erkennt bestehende oder potenzielle Differenzen an, hebt sie<br />

hervor und koordiniert sie im Rahmen einer allgemeinen Kommandoökonomie.<br />

Der dreifache Imperativ des <strong>Empire</strong> lautet deshalb: inkorporiere,<br />

differenziere, koordiniere.<br />

Von der Krise zur Korruption<br />

Am Beginn von Teil II haben wir die moderne Souveränität als Krise definiert:<br />

eine Krise, die bestimmt ist durch den fortwährenden Konflikt zwischen<br />

den immanenten Kräften des Begehrens und der Kooperation der

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