17.10.2012 Aufrufe

Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

78 DIE POLITISCHE KONSTITUTION DFR GEGENWART<br />

der Hirne und Körper der Menge vernünftig werden und eine Richtung<br />

nehmen, genauer, wie kann das Bemühen, die Distanz zwischen der sich<br />

zum Subjekt organisierenden Menge und der Konstitution eines demokratischen<br />

politischen Dispositivs zu überbrücken, seinen Fürsten finden?<br />

<strong>Die</strong> Analogie ist letztlich unzureichend. Bei Machiavellis Fürst bleibt eine<br />

utopische Bedingung, die das Projekt vom Subjekt entfernt und die, ungeachtet<br />

der radikalen Immanenz der Methode, die politische Funktion einer<br />

höheren Ebene anvertraut. <strong>Die</strong> postmoderne Befreiung muss hingegen<br />

in dieser Welt stattfinden, auf der Immanenzebene, ohne die Möglichkeit<br />

irgend eines utopischen Außen. <strong>Die</strong> Form, in der das Politische heute seinen<br />

Ausdruck finden kann, ist jedoch überhaupt nicht klar. Eine Lösung<br />

dieses Problems müsste Subjekt und Objekt des Projekts enger miteinander<br />

verflechten, sie in immanente Beziehung setzen, und zwar noch gründlicher<br />

als Machiavelli oder Marx und Engels, sie also in einen Prozess der Produktion<br />

aus sich selbst heraus bringen.<br />

Vielleicht müssen wir die Vorstellung der materialistischen Teleologie<br />

neu erfinden, die Spinoza im Morgengrauen der Moderne prägte, wenn er<br />

davon sprach, dass der Prophet sein eigenes Volk hervorbringt (vgl. Spinoza<br />

1670). Vielleicht sollten wir mit Spinoza als prophetisches Begehren<br />

begreifen, was unwiderstehlich und um so mächtiger wird, je mehr es sich<br />

mit der Menge identifiziert. Überhaupt nicht klar ist, ob dieses Prophetische<br />

unsere politischen Bedürfnisse tatsächlich ansprechen und ein mögliches<br />

Manifest der postmodernen Revolution gegen das <strong>Empire</strong> tragen kann,<br />

doch gewisse Analogien und paradoxe Zufälle scheinen schlagend. Während<br />

etwa Machiavelli ausführt, dass das Vorhaben einer <strong>neue</strong>n Gesellschaft<br />

von unten auf »Waffen« und »Geld« angewiesen sei, und darauf beharrt,<br />

beides außerhalb zu suchen, fragt Spinoza: Besitzen wir nicht beides<br />

bereits? Finden sich die benötigten Waffen nicht genau im schöpferischen<br />

und prophetischen Vermögen der Menge? Und vielleicht können auch wir,<br />

wenn wir uns in der revolutionären Strömung der Postmoderne situieren,<br />

wiederum die Frage stellen: Besitzen wir nicht bereits »Waffen« und<br />

»Geld«? <strong>Die</strong> Art von Geld, die Machiavelli als notwendig ansieht, findet<br />

sich in der Tat in der Produktivität der Menge als unmittelbarer Akteurin<br />

biopolitischer Produktion und Reproduktion. <strong>Die</strong> Waffen, von denen die<br />

Rede ist. birgt die Fähigkeit der Menge, mit ihrer eigenen produktiven<br />

Kraft die parasitäre Ordnung des postmodernen Kommandos zu sabotieren<br />

und zu zerstören.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!