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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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VIRTUALITÄTEN 375<br />

scheiden und daher seine Angriffe vom materiellen Produktionsmittel selbst<br />

auf dessen gesellschaftliche Exploitationsform übertragen lernt.« (Marx<br />

1867-94, I, 452) Heute verfügen die <strong>neue</strong>n Virtualitäten, das nackte Leben<br />

der Gegenwart über die Fähigkeit, die Kontrolle über die Prozesse maschinischer<br />

Metamorphose zu übernehmen. Im <strong>Empire</strong> spielt sich die zentrale<br />

politische Auseinandersetzung dort ab, wo es um die Definition maschinischer<br />

Virtualität, oder besser: um die verschiedenen Alternativen beim<br />

Übergang vom Virtuellen zum Realen geht. <strong>Die</strong>ses <strong>neue</strong> Terrain von Produktion<br />

und Leben eröffnet der Arbeit eine Zukunft voller Metamorphosen,<br />

die von der subjektiven Kooperation ethisch, politisch und produktiv kontrolliert<br />

werden kann und muss.<br />

Res Gestae/Machinae<br />

In den letzten Jahren war viel vom Ende der Geschichte die Rede, und es<br />

gab ebensoviele berechtigte Einwände gegen diese reaktionäre Freudenformel,<br />

die den gegenwärtigen Zustand als ewigen begreifen wollte. Gleichwohl<br />

ist unbestritten, dass die Macht des Kapitals und seine Institutionen<br />

der Souveränität die Geschichte fest im Griff hatten und den historischen<br />

Prozess bestimmten. <strong>Die</strong> virtuellen Mächte der Menge in der Postmoderne<br />

signalisieren, dass es mit dieser Herschaft und diesen Institutionen nun ein<br />

Ende hat. <strong>Die</strong>se Geschichte ist in der Tat zu Ende. <strong>Die</strong> kapitalistische Herrschaft<br />

hat sich als Übergangszeit erwiesen. Und doch: Wenn die transzendente<br />

Teleologie der kapitalistischen Moderne zu Ende ist, wie kann dann<br />

die Menge an deren Stelle ein materialistisches Telos bestimmen?<br />

Wir werden diese Frage erst dann beantworten können, wenn wir das<br />

Verhältnis zwischen Virtualität und Möglichkeit phänomenologisch und<br />

historisch untersucht haben, das heißt, wenn wir die Frage beantwortet haben,<br />

ob, wie und wann die Virtualität der Menge durch die Möglichkeit<br />

hindurch gelangt und Wirklichkeit wird. <strong>Die</strong> Ontologie des Möglichen wird<br />

damit zum zentralen Untersuchungsgegenstand. <strong>Die</strong> Beschäftigung mit diesem<br />

Thema reicht von Lukäcs bis Benjamin, von Adorno bis zum späten<br />

Wittgenstein, von Foucault bis Deleuze und findet sich in der Tat bei fast<br />

allen, welche die Abenddämmerung der Moderne wahrgenommen haben. In<br />

all diesen Fällen stellt man diese Frage trotz und gegen gewaltige metaphysische<br />

Widerstände. Heute erkennen wir, wie blass deren Antworten waren,<br />

vergleicht man sie mit der Ungeheuerlichkeit der Frage. Heute steht zudem

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