17.10.2012 Aufrufe

Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

86 PASSAGEN DER SOUVERÄNITÄT<br />

Nikolaus von Kues: »<strong>Die</strong> Betrachtung ist die Bewegung des Geistes vom<br />

>Dass-Ist< [quia est] zum >Was-Ist< [quid est]. Da jedoch das >Was-Ist< vom<br />

>Dass-Ist< unendlich absteht, hört diese Bewegung niemals auf. Und es ist<br />

die beglückendste Bewegung, weil sie auf das Leben des Geistes hingerichtet<br />

ist. Darum hat sie die Ruhe in sich selbst. In der Bewegung tritt<br />

nämlich keine Ermüdung ein. Sie wird vielmehr stärker entflammt. Und je<br />

schneller sich der Geist bewegt, in umso größerem Glück gelangt er durch<br />

das Licht des Lebens zu seinem eigenen Leben.« (Nikolaus Cusanus 1514,<br />

655) Zum zweiten Pico della Mirandola: »Wenn du Gott als lebendiges und<br />

erkennendes Wesen begreifst, so stelle zuallererst sicher, dass diese Erkenntnis<br />

und dieses Leben als frei von aller Unvollkommenheit zu verstehen<br />

sind. Denke dir diese Erkenntnis als eine, die alles und jedes in vollkommenster<br />

Weise erkennt; und füge hinzu, dass dieser Erkennende alles<br />

von sich aus erkennt und deshalb nicht außerhalb nach dieser Erkenntnis<br />

suchen muss; denn das würde sie unvollkommen machen.« (Pico della Mirandola<br />

1491) Damit entwirft Pico della Mirandola weniger einen fernen,<br />

transzendenten Gott, sondern er erklärt den menschlichen Geist zu einer<br />

göttlichen Erkenntnismaschine. Und schließlich Bovillus: »Der Einzelne,<br />

der von Natur aus nur Mensch [homo] war, wird dank des Reichtums der<br />

Kunst doppelt menschlich, d.h. homohomo.« (Bovillus 1510, 73) Durch ihre<br />

eigenen machtvollen Fertigkeiten und Praktiken bereichert und verdoppelt<br />

die Menschheit sich selbst, genauer: sie erhebt sich selbst zu höherer<br />

Macht: homohomo, Menschheit im Quadrat.<br />

In den Anfangen der Moderne verschob sich somit die Erkenntnis von<br />

der Transzendenz zur Immanenz, und in der Folge wurde diese menschliche<br />

Erkenntnis zur Tat, zum Mittel, um die Natur zu verändern, Sir Francis Bacon<br />

dachte an eine Welt, in der »das, was in den Künsten und den Wissenschaften<br />

entdeckt wurde, nunmehr mittels Gebrauch, Vermittlung, Beobachtung<br />

und gedanklicher Durchdringung neu organisiert werden kann (...).<br />

Denn es ist gut, sich mit den entferntesten Realitäten und den verborgenen<br />

Geheimnissen der Natur zu befassen, indem man von Geist und Verstand<br />

besseren Gebrauch macht und sie vervollkommnet.« (Bacon 1857, I, 129f.)<br />

In diesem Prozess, so behauptet Galileo Galilei (und mit ihm beschließen<br />

wir unseren Rundgang de dignitate hominis), hätten wir die Möglichkeit,<br />

göttlicher Erkenntnis gleichzukommen: »Nimmt man aber das Verstehen<br />

intensive, insofern dieser Ausdruck die Intensität d.h. die Vollkommenheit<br />

in der Erkenntnis irgendeiner einzelnen Wahrheit bedeutet, so behaupte ich,<br />

dass der menschliche Intellekt einige Wahrheiten so vollkommen begreift

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!