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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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240 PASSAGEN DER PRODUKTION<br />

war der Anteil kapitalistischer Produktion an der Produktion weltweit sehr<br />

gering. Nur in ein paar Ländern (England, Frankreich und Deutschland) gab<br />

es eine nennenswerte kapitalistische Produktion, und selbst in diesen Ländern<br />

waren große Sektoren der Produktion nichtkapitalistisch ­ etwa die<br />

bäuerliche Landwirtschaft oder das Handwerk. Luxemburg hebt allerdings<br />

hervor, dass angesichts der Begrenztheit der Erdoberfläche aus dem logischen<br />

Konflikt ein Real Widerspruch werden müsse: »Je gewalttätiger, energischer<br />

und gründlicher der Imperialismus (...) den Untergang nichtkapitalistischer<br />

Kulturen besorgt, um so rascher entzieht er der Kapitalakkumulation<br />

den Boden unter den Füßen. Der Imperialismus ist ebensosehr eine<br />

geschichtliche Methode der Existenzverlängerung des Kapitals wie das sicherste<br />

Mittel, dessen Existenz auf kürzestem Wege objektiv ein Ziel zu<br />

setzen.« (Luxemburg 1913, 391) <strong>Die</strong> Spannung dieses Widerspruchs ist<br />

während der gesamten Entwicklung des Kapitals spürbar, doch wird sie in<br />

ihrem vollen Ausmaß nur im Extremfall sichtbar, wenn die Krise eintritt<br />

­wenn das Kapital der Begrenztheit der Menschheit wie der Erde gegenübersteht.<br />

Der große Imperialist Cecil Rhodes erscheint hier als der paradigmatische<br />

Kapitalist. <strong>Die</strong> Plätze auf der Erde werden knapp, und die imperialistische<br />

Expansion des Kapitals stößt an ihre Grenzen. Rhodes, Glücksjäger<br />

wie eh und je, schaut voller Sehnsucht und Verlangen auf die Sterne, ihn<br />

frustriert die quälende Verlockung dieser <strong>neue</strong>n Horizonte, so nah und doch<br />

so fern.<br />

Auch vvenn die Kritik des Imperialismus und der kapitalistischen Expansion<br />

häufig streng quantitativ und ökonomisch vorgetragen wird, ist der<br />

Einsatz der marxistischen Theorie doch in erster Linie politisch. Das heißt<br />

nicht, dass die Ökonomischen Berechnungen (und die Kritik daran) nicht<br />

ernst genommen werden sollte; es heißt vielmehr, dass die ökonomischen<br />

Verhältnisse als mit dem historischen und sozialen Kontext verknüpft verstanden<br />

werden müssen, als Teil politischer Herrschafts­ und Machtbeziehungen.<br />

Für marxistische Theoretiker auf dem Gebiet der ökonomischen<br />

Expansion geht es politisch vor allem darum zu beweisen, wie Kapitalismus<br />

und Imperialismus untrennbar miteinander in Beziehung stehen. Wenn es<br />

diese wesentliche Beziehung zwischen Kapitalismus und Imperialismus<br />

gibt, dann liegt es in dieser Logik, dass jeder Kampf gegen den Imperialismus<br />

(und gegen die Kriege, das Elend, die Verelendung und Versklavung,<br />

die seine Folgen sind) zugleich ein direkter Kampf gegen den Kapitalismus<br />

sein muss. Jede politische Strategie, die darauf zielt, die gegenwärtige Gestalt<br />

des Kapitalismus so zu reformieren, dass sie nichtimperialistisch wird,

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