17.10.2012 Aufrufe

Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

394 UNTERGANG UND FALL DES EMPIRE<br />

virtuellen Mächte der Menge, die ständig möglich und wirklich werden,<br />

nicht deuten. Anders ausgedrückt: Sie haben die grundlegende Produktivität<br />

des Seins aus den Augen verloren.<br />

Wir können die Frage, wie man aus der Krise herauskommt, nur beantworten,<br />

wenn wir uns auf die Ebene der biopolitischen Virtualität hinabbegeben,<br />

bereichert um die singulären und kreativen Prozesse der Produktion<br />

von Subjektivität. Doch wie sind Bruch und Er<strong>neue</strong>rung vor diesem absoluten<br />

Horizont, in den wir eingetaucht sind, möglich, in einer Welt, in der<br />

Werte angesichts eines Sinnvakuums und des Fehlens jeglichen Maßes offenbar<br />

negiert werden? Wir müssen an dieser Stelle nicht noch einmal das<br />

Begehren und seinen ontologischen Exzess beschreiben und nicht noch<br />

einmal mit Nachdruck auf die Dimension des »Jenseits« verweisen. Es<br />

reicht, wenn wir auf die generative Bestimmung des Begehrens und damit<br />

auf dessen Produktivität hinweisen. Denn das gesamte, den gegenwärtigen<br />

Zustand bestimmende Mischmasch aus Politischem, Gesellschaftlichem<br />

und Ökonomischem lässt einen biopolitischen Raum sichtbar werden, der -<br />

weitaus besser als Hannah Arendts nostalgische Utopie vom politischen<br />

Raum - erklären kann, warum das Begehren dazu in der Lage ist, der Krise<br />

zu begegnen. 7 Der gesamte Begriffshorizont wird somit neu definiert. Das<br />

Biopolitische ist, vom Standpunkt des Begehrens aus betrachtet, nichts anderes<br />

als konkrete Produktion, menschliche Kollektivität in Aktion. Begehren<br />

erscheint hier als produktiver Raum, als die Aktualisierung menschlicher<br />

Kooperation bei der Gestaltung von Geschichte. <strong>Die</strong>se Produktion ist<br />

schlicht und einfach menschliche Reproduktion, die Macht der Erzeugung<br />

oder Generation (generatio). Von Begehren getragene Produktion ist Generation<br />

oder vielmehr der Exzess von Arbeit und die Akkumulation einer<br />

Macht, welche als deren Ursache und deren Erfüllung in die kollektive Bewegung<br />

singulärer Wesen einbezogen wird.<br />

Wenn unsere Analyse fest in der biopolitischen Welt verankert ist, also<br />

dort, wo gesellschaftliche, ökonomische und politische Produktion zusammenfallen,<br />

dann überlappen sich die ontologische und die anthropologische<br />

Perspektive. Das <strong>Empire</strong> behauptet, Herr dieser Welt zu sein, weil es sie<br />

zerstören kann. Was für eine Illusion! In Wahrheit nämlich sind wir die<br />

Herren dieser Welt, weil unser Begehren und unsere Arbeit sie fortwährend<br />

neu erschaffen. <strong>Die</strong> biopolitische Welt ist ein unerschöpfliches Zusammenwirken<br />

generativer Handlungen, deren Motor das Kollektiv (als Treffpunkt<br />

der Singularitäten) ist. Keine Metaphysik (es sei denn eine im Delirium<br />

liegende) kann behaupten, die Menschheit sei isoliert und machtlos. Keine

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!