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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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DIE GRENZEN DES IMPERIALISMUS 237<br />

Möglicherweise ist dieses Bedürfnis, beständig seine Einflusssphäre auszudehnen,<br />

die Krankheit des europäischen Kapitals, doch vielleicht ist es<br />

auch der Motor, der Europa die Weltherrschaft in der Neuzeit brachte.<br />

Fernand Braudel fragt daher: »Bestanden also die Verdienste des Abendlandes<br />

in seiner Eigenschaft als Kap Asiens darin, dass es auf die weite<br />

Welt angewiesen war und seine Grenzen ausdehnen musste?« (Braudel<br />

1971, 457) Das Kapital strebte von Anfang an danach, eine Weltmacht oder<br />

vielmehr die Weltmacht zu sein.<br />

<strong>Die</strong> Internalisierung des Außen<br />

Das Kapital expandiert nicht nur, um den Bedürfnissen der Verwertung<br />

nachzukommen und <strong>neue</strong> Märkte zu erschließen, sondern ebenso, um den<br />

nächsten Schritt im Akkumulationszyklus, den Prozess der Verwandlung in<br />

Kapital, gehen zu können. Nachdem der Mehrwert in Geldform realisiert<br />

wurde (durch höheren Druck auf kapitalistische Absatzmärkte und durch<br />

den Rückgriff auf nichtkapitalistische), muss dieser realisierte Mehrwert<br />

neu in die Produktion investiert werden, also wieder Kapital werden. <strong>Die</strong><br />

Verwandlung des realisierten Mehrwerts in Kapital verlangt, dass sich der<br />

Kapitalist für den nächsten Produktionszyklus den Kauf zusätzlicher Mengen<br />

konstanten Kapitals (Rohstoffe, Maschinerie etc.) sichern muss, ebenso<br />

zusätzliches variables Kapital (also Arbeitskraft) ­ und dies wiederum wird<br />

gegebenenfalls eine noch weitere Ausdehnung des Markts erforderlich machen,<br />

um die weitere Verwertung zu sichern.<br />

<strong>Die</strong> Suche nach zusätzlichem konstanten Kapital (und besonders nach<br />

mehr und unentdeckten Rohstoffen) zwingt das Kapital zu einer Art Imperialismus,<br />

den Plünderung und Raub kennzeichnen. Das Kapital, so macht<br />

Rosa Luxemburg geltend, »durchstöbert (...) die ganze Welt, verschafft sich<br />

Produktionsmittel aus allen Winkeln der Erde, errafft oder erwirbt sie von<br />

allen Kulturstufen und Gesellschaftsformen. (...) Zur produktiven Verwendung<br />

des realisierten Mehrwerts ist erforderlich, dass das Kapital fortschreitend<br />

immer mehr den gesamten Erdball zur Verfügung hat, um in<br />

seinen Produktionsmitteln quantitativ und qualitativ unumschränkte Auswahl<br />

zu haben.« (Luxemburg 1913, 307) Bei der Aneignung zusätzlicher<br />

Produktionsmittel bedarf das Kapital seiner nichtkapitalistischen Umgebung<br />

und rechnet auf sie, verleibt sie sich jedoch nicht notwendigerweise<br />

ein ­ es macht also seine Umgebung nicht kapitalistisch. Das Außen bleibt

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