17.10.2012 Aufrufe

Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

254 PASSAGEN DER PRODUKTION<br />

Jahrhunderts liefen in Franklin Delano Roosevelts Aktionsprogramm zusammen.<br />

Man kann mit Recht behaupten, Roosevelt habe die Widersprüche<br />

des amerikanischen Progressismus gelöst, indem er zwischen den amerikanischen<br />

imperialistischen Bestrebungen und dem reformistischen Kapitalismus,<br />

wie sie Theodore Roosevelt und Woodrow Wilson repräsentierten,<br />

eine Synthese schuf. 18 Jene Subjektivität war die treibende Kraft in einem<br />

Prozess, der den US-Kapitalismus verwandelte und die Gesellschaft der<br />

USA er<strong>neue</strong>rte. Der Staat wurde nicht nur als Vermittler sozialer Konflikte,<br />

sondern auch als Motor sozialer Mobilität gefeiert. <strong>Die</strong> Veränderungen in<br />

der Rechtsstruktur des Staates installierten Verfahren, die einer breiten<br />

Vielfalt gesellschaftlicher Kräfte Partizipation und Verständigung erlaubten.<br />

Auch in der ökonomischen Regulation übernahm der Staat die Hauptrolle,<br />

als in die Arbeitsmarkt- und Finanzpolitik der Keynesianismus eingeführt<br />

wurde. <strong>Die</strong>se Reformen trieben den Kapitalismus in den USA voran,<br />

und er entwickelte sich in einem Regime hoher Löhne, hohen Konsums und<br />

auch hoher Koniliktualität. Aus dieser Entwicklung stammt die Dreieinigkeit,<br />

die den modernen Wohlfahrtsstaat ausmacht: eine Synthese aus Taylorismus<br />

in der Arbeitsorganisation, Fordismus des Lohn Verhältnisses und<br />

Keynesianismus in der makroökonomischen Regulation der Gesellschaft. 19<br />

Es war nicht ein Wohlfahrtsstaat, der wirtschafts- und sozialpolitisch aus<br />

einer Mischung öffentlicher Fürsorge und imperialistischer Anreize geschaffen<br />

wurde, wie es in Europa der Fall war, sondern einer, der auf die<br />

gesellschaftlichen Verhältnisse in ihrer Gesamtheit setzte, sie in ein mit<br />

größerer Partizipation im Akkumulationsprozess verbundenes Disziplinarregime<br />

brachte. Es war ein Kapitalismus, der transparent sein wollte und<br />

den ein liberaler und planender Staat regulierte.<br />

Es ist klar, dass unser Lob des Rooseveltschen Wohlfahrtsstaats in seiner<br />

Zuspitzung unsere Hauptthese zeigen soll: Im Modell des New Deal (der<br />

auf die allgemeine Krise in allen dominanten kapitalistischen Staaten nach<br />

dem Ersten Weltkrieg antwortete) gab es zum ersten Mal einen Hinweis auf<br />

eine starke Subjektivität, die in Richtung des <strong>Empire</strong> tendierte. Der New<br />

Deal brachte die höchste Form einer Diszipünarregierung hervor. Mit dem<br />

Begriff Diszipünarregierung meinen wir nicht einfach die rechtlichen und<br />

politischen Formen, die organisierend wirken. Uns geht es vor allem um die<br />

Tatsache, dass die gesamte Gesellschaft - als Disziplinargesellschqfi - einschließlich<br />

all ihrer Produktions- und Reproduktionsverhältnisse dem<br />

Kommando des Kapitals und dem Staat subsumiert ist und dass so tendenziell,<br />

zwar langsam, aber sicher, einzig die Maßstäbe der kapitalistischen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!