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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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DIE MENGE GEGEN DAS EMPIRE 405<br />

streichen: Sie bewegt sich fort und findet ihren Ausdruck in einem Apparat<br />

weiträumiger, transversaler territorialer Wiederaneignung.<br />

Wenn man die potenzielle Autonomie der mobilen Menge erkannt hat,<br />

so verweist das jedoch erst auf die wahre Frage. Wir müssen begreifen, wie<br />

die Menge als eine positive politische Macht organisiert ist und immer wieder<br />

neu definiert wird. Bisher konnten wir die potenzielle Existenz dieser<br />

politischen Macht lediglich rein formal beschreiben. Es wäre deshalb ein<br />

Fehler, hier stehen zu bleiben, ohne die ausgereiften Bewusstseins- und<br />

politischen Organisationsformen der Menge zu untersuchen, ohne erkennen<br />

zu wollen, wieviel Macht bereits in diesen territorialen Bewegungen der<br />

Arbeitskraft im <strong>Empire</strong> liegt. Wie aber lässt sich eine Tendenz zur politischen<br />

Konstituierung innerhalb und jenseits der spontanen Bewegungen der<br />

Menge erkennen (und offenbaren)?<br />

<strong>Die</strong>se Frage lässt sich zunächst von der anderen Seite her angehen, nämlich<br />

indem man sich der Politik des <strong>Empire</strong> zuwendet, mit der diese Bewegungen<br />

unterdrückt werden. Das <strong>Empire</strong> weiß nicht wirklich, wie es diese<br />

Pfade kontrollieren soll, und kann nur versuchen, diejenigen, die sie beschreiten,<br />

zu kriminalisieren, selbst wenn diese Bewegungen für die kapitalistische<br />

Produktion erforderlich sind. <strong>Die</strong> Migrationslinien von biblischen<br />

Ausmaßen, die von Süd- nach Nordamerika verlaufen, werden von den<br />

<strong>neue</strong>n Drogenbaronen beharrlich als "Kokain-Trail" bezeichnet; die Formen<br />

des Exodus aus Nordafrika und Afrika südlich der Sahara gelten europäischen<br />

Staatsmännern gar als "Terroristenpfade"; und die Bevölkerungen,<br />

die zur Flucht über den Indischen Ozean gezwungen werden, landen als<br />

Sklaven in »Arabia felix«. <strong>Die</strong>se Auflistung ließe sich noch fortsetzen. Und<br />

doch halten die Menschenströme an. Das <strong>Empire</strong> muss die räumlichen Bewegungen<br />

der Menge einschränken und isolieren, damit sie keine politische<br />

Legitimität erlangen. Aus dieser Sicht ist es ausgesprochen wichtig, dass<br />

das <strong>Empire</strong> seine Macht dazu nutzt, um die verschiedenen Mächte des Nationalismus<br />

und Fundamentalismus zu organisieren und zu orchestrieren<br />

(vgl. Kapitel 11.2 und II.4). Nicht weniger wichtig ist, dass das <strong>Empire</strong> seine<br />

Militär- und Polizeimacht in Stellung bringt, um den Aufsässigen und Rebellischen<br />

eine Ordnung aufzuzwingen (vgl. De Landa 1991). <strong>Die</strong>se imperialen<br />

Praktiken als solche rühren aber noch immer nicht an das politische<br />

Spannungsverhältnis, das die gesamten spontanen Bewegungen der Menge<br />

durchzieht. All diese Ünterdrückungsmaßnahmen bleiben nämlich der<br />

Menge und ihren Bewegungen äußerlich. Das <strong>Empire</strong> kann nur isolieren,<br />

teilen und absondern. Und in der Tat geht das imperiale Kapital mit nicht

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