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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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DIE MENGE GEGEN DAS EMPIRE 415<br />

den Renaissancebegriff er<strong>neue</strong>rt und - darin liegt durchaus eine Spur Verrücktheit<br />

- dafür gesorgt, dass seine hochpolitische Tradition wieder zum<br />

Tragen kommt.<br />

Angesichts dessen wollen wir von posse sprechen und nicht von »res publica«,<br />

denn die Öffentlichkeit und die Tätigkeit der Singularitäten, die sie<br />

ausmachen, gehen über jegliches Objekt (res) hinaus und können konstitutionell<br />

nicht darauf beschränkt werden. Im Gegenteil, die Singularitäten<br />

sind Produzenten. Wie das posse der Renaissance, das von Wissen durchzogen<br />

war und die metaphysische Wurzel des Seins darstellte, werden auch<br />

sie am Ursprung einer <strong>neue</strong>n Wirklichkeit des Politischen stehen, welche<br />

die Menge im Vakuum imperialer Ontologie bestimmt. Posse bildet den<br />

Standpunkt, von dem aus wir die Menge als singuläre Subjektivität am besten<br />

erfassen können: posse konstituiert ihre Produktionsweise und ihr Sein.<br />

Wie bei allen Er<strong>neue</strong>rungsprozessen wird auch hier die neu entstehende<br />

Produktionsweise den Umständen, von denen es sie zu befreien gilt, entgegen<br />

gesetzt. <strong>Die</strong> Produktionsweise der Menge wird der Ausbeutung die Arbeit<br />

entgegen stellen, dem Eigentum die Kooperation und der Korruption<br />

die Freiheit. Sie sorgt dafür, dass sich Körper in der Arbeit selbst verwerten,<br />

sie eignet sich die produktive Intelligenz mittels Kooperation wieder an und<br />

verwandelt Dasein in Freiheit. <strong>Die</strong> Geschichte der Klassenbildung und die<br />

Geschichte der Arbeiterinilitanz zeigen die Matrix, auf der sich diese stets<br />

<strong>neue</strong>n und doch bestimmten Neukonfigurationen von Selbstverwertung,<br />

Kooperation und politischer Selbstorganisation als wirkungsvolles gesellschaftliches<br />

Projekt verorten lassen.<br />

<strong>Die</strong> erste Phase der eigentlichen kapitalistischen Arbeitermilitanz, das<br />

heißt die Phase industrieller Produktion, die der vollen Etablierung fordistischer<br />

und tayloristischer Regime voranging, war von der Figur des professionellen<br />

Arbeiters bestimmt, dem hochqualifizierten Arbeiter, der in der<br />

industriellen Produktion hierarchisch organisiert war. <strong>Die</strong>se Militanz war<br />

vor allem darauf gerichtet, die spezifische Verwertungsmacht der eigenen<br />

Arbeit und der produktiven Kooperation in eine Waffe zu verwandeln, die<br />

man für ein Projekt der Wiederaneignung benutzen konnte, ein Projekt, bei<br />

dem die singuläre Figur der eigenen Produktionsmacht des Arbeiters gestärkt<br />

werden würde. Sein Slogan war eine Republik der Arbeiterräte; sein<br />

Telos war ein »Sowjet« der Produzierenden; sein Programm war Autonomie<br />

bei der Artikulation der Modernisierung. In dieser Zeit der Arbeiterkämpfe<br />

entstanden auch die moderne Gewerkschaft und die Partei als Vorhut<br />

der Arbeiterklasse, und beide überdeterminieren diese Phase.

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