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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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GENERATION UND KORRUPTION 379<br />

Konstruktionen der Menge und der Tugend ihrer Helden Dauer zu verleihen.<br />

Korruption und Verfall des <strong>Empire</strong> waren somit keine natürliche, vom<br />

zyklischen Schicksal der Geschichte bestimmte Voraussetzung, sondern ein<br />

Produkt der menschlichen Unmöglichkeit (oder zumindest der extremen<br />

Mühe), ein räumlich und zeitlich unbegrenztes Terrain zu regieren. <strong>Die</strong><br />

Grenzenlosigkeit des <strong>Empire</strong> unterhöhlte die Fähigkeit, die guten Institutionen<br />

dauerhaft funktionieren zu lassen. Gleichwohl bildete das <strong>Empire</strong> ein<br />

Ziel, auf das sich das Bestreben und die Bürgertugend der Menge und ihrer<br />

Möglichkeiten, Geschichte zu gestalten, richteten. <strong>Die</strong> Situation war somit<br />

prekär, denn sie konnte die räumliche und zeitliche Unbegrenztheit nicht<br />

stützen, sondern reduzierte die universellen Ziele der Regierung unvermeidlich<br />

auf begrenzte politische und soziale Dimensionen. <strong>Die</strong> Aufklärer<br />

waren der Ansicht, dass die vollkommene Regierung eine gemäßigte ist, die<br />

sich mit ihren zeitlichen und räumlichen Grenzen abfindet. Zwischen dem<br />

<strong>Empire</strong> und der Realität der Befehlsgewalt bestand deshalb ein prinzipieller<br />

Widerspruch, der zwangsläufig zu Krisen fuhren musste.<br />

Machiavelli nimmt dabei eine Art Mittlerstellung ein, indem er auf die<br />

Vorstellung der Antike zurückblickt und zugleich die moderne Auffassung<br />

antizipiert, und liefert uns damit die wohl angemessenste Darstellung des<br />

imperialen Paradoxons (vgl. Machiavelli 1531; <strong>Negri</strong> 1992, 75-96). Er trug<br />

zur Klärung des Problems bei, indem er das <strong>Empire</strong> sowohl vom naturalisierenden<br />

Terrain der Antike wie vom soziologischen Terrain der Moderne<br />

abtrennte und es stattdessen auf dem Feld der Immanenz und der reinen<br />

Politik ansiedelte. Bei Machiavelli wird die expansive Regierung von der<br />

Dialektik der gesellschaftlichen und politischen Kräfte der Republik angetrieben.<br />

Nur dort, wo die Gesellschaftsklassen und ihre politischen Ausdrucksformen<br />

eine offene und fortwährende Rolle als Gegenmacht spielen,<br />

verbinden sich Freiheit und Expansion miteinander, und nur dort wird folglich<br />

auch das <strong>Empire</strong> möglich. Es gibt keinen Begriff des <strong>Empire</strong>, so Machiavelli,<br />

der nicht auch einen entschieden expansiven Freiheitsbegriff enthält.<br />

Und genau in dieser Dialektik der Freiheit schlummern damit<br />

Korruption und Zerstörung. Wenn Machiavelli den Untergang des Römischen<br />

Reiches erörtert, so konzentriert er sich dabei zunächst und in erster<br />

Linie auf die Krise des zivilen Glaubens, oder genauer: auf den Verfall<br />

derjenigen Gesellschaftsbeziehung, welche die ideologisch unterschiedlichen<br />

Gesellschaftskräfte vereint und es ihnen ermöglicht hatte, gemeinsam<br />

an der offenen Interaktion der Gegenmächte teilzuhaben. <strong>Die</strong> christliche<br />

Religion nämlich war es, die das Römische Reich zerstörte, indem sie die

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