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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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68 DIE POLITISCHE KONSTITUTION DER GEGENWART<br />

Welt hörten die Ereignisse in Peking, Nablus, Los Angeles, Chiapas, Paris<br />

oder Seoul nicht, konnten sie nicht unmittelbar als ihre eigenen Kämpfe<br />

erkennen. <strong>Die</strong>se Kämpfe scheitern darüber hinaus nicht nur daran, mit anderen<br />

Zusammenhängen zu kommunizieren, sondern ihnen fehlt sogar lokale<br />

Kommunikation. Sie sind oft nur von kurzer Dauer, da, wo sie entstehen,<br />

und vergehen mit einem Schlag. Das ist eine der wesentlichen und dringlichsten<br />

politischen Paradoxien der Gegenwart: In unserem gefeierten Kommunikationszeitalter<br />

finden Kämpfe beinahe keine Kommunikation.<br />

Das Paradox der Nicht-Kommunikation macht es äußerst schwierig, die<br />

<strong>neue</strong> Stärke, die in den Kämpfen zutage tritt, zu begreifen und zu beschreiben.<br />

Wir sollten in der Lage sein zu erkennen, dass die Kämpfe, was sie an<br />

Reichweite, Dauer und der Fähigkeit zur Kommunikation verloren, an Intensität<br />

gewonnen haben. Wir sollten in der Lage sein zu erkennen, dass all<br />

diese Kämpfe, obwohl sie sich auf ihre lokalen und unmittelbaren Umstände<br />

konzentrierten, Fragen aufwarfen, die mit der <strong>neue</strong>n Gestalt der kapitalistischen<br />

Steuerung des <strong>Empire</strong> zusammenhängen. In Los Angeles etwa entzündete<br />

sich die Revolte an lokalen rassistischen Auseinandersetzungen<br />

und sozialen wie ökonomischen Ausschlussmustern, die in vielerlei Hinsicht<br />

spezifisch für dieses (post-)urbane Territorium sind, doch wurden die<br />

Ereignisse zugleich unmittelbar verallgemeinert, insofern sich darin eine<br />

Verweigerung des postfordistischen Regimes sozialer Kontrolle ausdrückte.<br />

In bestimmter Hinsicht der Intifada ähnlich, zeigten die Riots von Los Angeles,<br />

wie durch den Niedergang fordistischer Aushandlungsregimes und<br />

von Mechanismen sozialer Vermittlung die Verwaltung von rassistisch und<br />

sozial gespaltenen metropolitanen Territorien und ihren Bewohnern prekär<br />

wird. Plünderung von Geschäften und Niederbrennen von Eigentum sind<br />

nicht bloß Metaphern, sondern sind die realen globalen Bedingungen für die<br />

Mobilität und Instabilität postfordistischer sozialer Vermittlungsinstanzen<br />

(vgl. <strong>Hardt</strong> 1991). Auch in Chiapas standen im Zentrum des Aufstands in<br />

erster Linie lokale Belange: Probleme des Ausschlusses und die fehlende<br />

Repräsentation, die spezifisch für die mexikanische Gesellschaft und den<br />

mexikanischen Staat sind und die auch den rassistischen Hierarchien in<br />

weiten Teilen Lateinamerikas gewissermaßen gemeinsam sind. <strong>Die</strong> Rebellion<br />

der Zapatistas war jedoch zugleich und unmittelbar ein Kampf gegen<br />

das mit der NAFTA verbundene gesellschaftliche Regime und allgemeiner<br />

noch gegen das System von Ausschluss und Unterordnung in der regionalen<br />

Ordnung des Weltmarkts (vgl. Gomez 1996). <strong>Die</strong> massiven Streiks in Paris<br />

und ganz Frankreich Ende 1995 schließlich zielten, ähnlich denen in Seoul,

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