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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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KAPITALISTISCHE SOUVERÄNITÄT 349<br />

chend einer linearen Logik zwischen Arbeitsweise und Ziel, sondern entsprechend<br />

einer differenzierenden, multiplen instrumenteilen Logik. Das<br />

Problem der Regierung ist nicht ein Problem der Einheitlichkeit, sondern<br />

eines instrumenteller Multifunktionalität. Während für die Legitimität der<br />

Regierung im modernen Staat die Allgemeingültigkeit und Gleichheit des<br />

Verwaltungshandelns an erster Stelle stand, ist im imperialen Regime die<br />

Einmaligkeit und Abgestimmtheit von Handlungen auf spezifische Ziele<br />

fundamental.<br />

Aus diesem ersten Prinzip ergibt sich allerdings so etwas wie ein Paradox.<br />

Genau in dem Ausmaß nämlich, wie die Regierung singularisiert ist<br />

und nicht mehr einfach als Ausfuhrende zentralisierter politischer Entscheidungs-<br />

und Beratungsorgane funktioniert, wird sie zunehmend selbstständig<br />

und verbindet sich enger mit verschiedenen sozialen Gruppen: Firmen, Gewerkschaften,<br />

ethnischen oder religiösen, legalen und kriminellen Gruppen<br />

etc. Statt zur gesellschaftlichen Integration beizutragen, handelt die imperiale<br />

Regierung eher als ein Dispositiv der Streuung und Differenzierung.<br />

Das ist das zweite Prinzip der Regierung im <strong>Empire</strong>. <strong>Die</strong> Regierung wird<br />

deshalb die Tendenz aufweisen, besondere Verfahren zu entwickeln, die es<br />

dem Regime erlauben, verschiedenen sozialen Singularitäten direkt gegenüber<br />

zu treten, und sie wird um so wirksamer sein, je unmittelbarer ihr<br />

Kontakt mit den verschiedenen Momenten der gesellschaftlichen Wirklichkeit<br />

ist. Daher wird Regierungshandeln immer autozentrischer, das heißt,<br />

dass es nur noch im Hinblick auf die besonderen Probleme, die es zu lösen<br />

hat, funktional ist. Eine durchgängige Linie im Regierungshandeln quer<br />

durch die Schichtungen und Netzwerke des imperialen Regimes zu erkennen,<br />

wird immer schwieriger. Kurz gesagt: Das alte administrative Universalitätsprinzip,<br />

wonach alle gleich zu behandeln sind, wird durch die Differenzierung<br />

und Singularisierung von Verfahren ersetzt, und alle werden<br />

unterschiedlich behandelt.<br />

Auch wenn es schwierig ist, eine zusammenhängende und allgemeingültige<br />

Linie der Verfahren zu erkennen, die jener zur Zeit der modernen Souveränität<br />

entspricht, bedeutet das nicht, dass der imperiale Apparat keine<br />

Einheit hat. <strong>Die</strong> Selbstständigkeit und Einheit des Regierungshandelns werden<br />

auf andere Art gebildet, durch Instrumente, die weder der normativen<br />

Ableitung in kontinentaleuropäischen Rechtssystemen entsprechen noch<br />

dem prozeduralen Formalismus angelsächsischer Prägung. Sie werden entsprechend<br />

der strukturellen Logiken, die in der Entwicklung des <strong>Empire</strong> am<br />

Werk sind, geschaffen, also etwa Polizei- und Militärlogiken (oder besser:

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