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Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

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6. Imperiale Souveränität<br />

<strong>Die</strong> <strong>neue</strong>n Menschen des <strong>Empire</strong> sind diejenigen, die an Neuanfange,<br />

an <strong>neue</strong> Kapitel, <strong>neue</strong> Seiten glauben; ich mühe mich<br />

weiter mit der alten Geschichte ab, in der Hoffnung, dass sie<br />

mir, bevor sie zu Ende ist, offenbart, warum ich glaubte, sie sei<br />

all die Mühe wert gewesen.<br />

J M Coetzee<br />

Es gibt eine lange Tradition moderner Kritik an den Dualismen der Moderne.<br />

Der Standpunkt dieser kritischen Tradition liegt jedoch am paradigmatischen<br />

Ort der Moderne selbst, sowohl »innerhalb« wie »außerhalb«, an der<br />

Schwelle oder im Zentrum der Krise. Was sich aber mit dem Übergang in<br />

eine imperiale Welt geändert hat, ist, dass dieser Grenzort nicht mehr existiert<br />

und die moderne Kritik heute weitgehend wirkungslos bleibt.<br />

Man denke etwa an die Antworten, die im Lauf der modernen europäischen<br />

Philosophiegeschichte von Kant bis Foucault auf die Frage »Was ist<br />

Aufklärung?« gegeben wurden. Kant liefert die klassische moderne Bestimmung<br />

der Aufgabe, die der Aufklärung zukommt: Sapere aude (»Habe<br />

Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen«), den gegenwärtigen<br />

Zustand der »Unmündigkeit« zu verlassen und den öffentlichen Gebrauch<br />

der Vernunft inmitten des gesellschaftlichen Bereichs zu betonen (Kant<br />

1783). <strong>Die</strong> Version Foucaults fällt, wenn wir sie historisch einordnen, nicht<br />

wirklich anders aus. Foucault setzte sich nicht mit dem Despotismus Friedrichs<br />

II. auseinander, den Kant zu vernünftigeren politischen Auffassungen<br />

führen wollte, sondern mit dem politischen System der Fünften Französischen<br />

Republik, in dem eine breite öffentliche Sphäre politischen Austauschs<br />

garantiert ist. Seine Antwort beharrt gleichwohl ebenfalls auf der<br />

Notwendigkeit, diese Grenze zwischen dem, was man traditionellerweise<br />

als das »Innere« der Subjektivität und das »Äußere« der öffentlichen Sphäre<br />

bezeichnen würde, zu überschreiten — auch wenn diese Aufteilung bei

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