17.10.2012 Aufrufe

Hardt, Michael & Negri, Antonio - Empire.-.Die neue Weltordnung.pdf

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

NETZWERK-MACHT: DIE SOUVERÄNITÄT DER USA 189<br />

genommen als ganz reale Tendenz auffassen, als Alternative innerhalb der<br />

amerikanischen Verfassungsgeschichte. Anders ausgedrückt: Vielleicht<br />

sollte man diese imperialistischen Praktiken bis zu den Anfängen dieses<br />

Landes zurückverfolgen, bis zur Versklavung der Schwarzen und dem Völkermord<br />

an den Indianern.<br />

Weiter oben haben wir die Sklaverei als konstitutionelles Problem der<br />

Zeit vor dem Bürgerkrieg dargestellt, aber Rassenunterdrückung und radikale<br />

Ausbeutung der schwarzen Arbeiter gingen auch nach Verabschiedung<br />

des 13., 14. und 15. Amendments unvermindert weiter. <strong>Die</strong> ideologischen<br />

und physischen Barrieren, die um die afrikanischen Amerikaner herum errichtet<br />

worden waren, standen stets im Widerspruch zum imperialen Begriff<br />

offener Räume und gemischter Bevölkerungen. Vor allem die Stellung der<br />

schwarzen Arbeiter in den Vereinigten Staaten wies im Hinblick auf Arbeitsteilung,<br />

Arbeitsbedingungen und Lohnstruktur deutliche Parallelen zur<br />

Stellung der Kolonialarbeiter in den europäischen Regimen auf. Und in der<br />

Tat liefert uns die radikale Ausbeutung der schwarzen Arbeitssklaven ein<br />

Beispiel, und zwar ein innenpolitisches, für die imperialistische Tendenz,<br />

welche die gesamte amerikanische Geschichte durchzieht.<br />

Ein zweites Beispiel für diese imperialistische Tendenz, diesmal ein außenpolitisches,<br />

bietet die Geschichte der Monroe-Doktrin und der amerikanischen<br />

Bemühungen, den gesamten amerikanischen Kontinent unter ihre<br />

Kontrolle zu bekommen. <strong>Die</strong> Doktrin, die 1823 von Präsident James Monroe<br />

verkündet wurde, diente zunächst und in erster Linie als Verteidigungsmaßnahme<br />

gegen den europäischen Kolonialismus: <strong>Die</strong> freien und<br />

unabhängigen amerikanischen Kontinente (also Nord- und Südamerika)<br />

»sind fortan nicht mehr als Subjekte künftiger Kolonisierung durch eine<br />

europäische Macht zu betrachten«. <strong>Die</strong> Vereinigten Staaten übernahmen<br />

die Rolle einer Schutzmacht für alle amerikanischen Nationen gegen eine<br />

europäische Aggression, eine Rolle, die dann später ganz explizit formuliert<br />

wurde, als Theodore Roosevelt im Gefolge dieser Doktrin verkündete, die<br />

Vereinigten Staaten seien »eine internationale Polizeimacht«. Es fällt allerdings<br />

schon ziemlich schwer, die zahlreichen US-Militärinterventionen in<br />

Lateinamerika einfach nur als Verteidigung gegenüber einer europäischen<br />

Aggression zu betrachten (vgl. zur langen Geschichte dieser Interventionen<br />

Musicant 1990; Chomsky 1988; Landau 1988). Yankee-Politik ist eine ausgeprägte<br />

Tradition des Imperialismus, die sich lediglich anti-imperialistisch<br />

gibt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!