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Kausales Denken, Bayes-Netze und die Markov-Bedingung

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priori angenommen (Anderson, 1990), im Sinne einer optimalen Adaptation des<br />

menschlichen Gehirns an seine Umwelt. 1 Weicht beobachtetes Verhalten von<br />

postulierten Normen (= computationale Theorie) ab, so dokumentiert <strong>die</strong>s <strong>die</strong><br />

Unangepasstheit der Normen, an denen wir das menschliche <strong>Denken</strong> messen,<br />

<strong>und</strong> nicht <strong>die</strong> Unangemessenheit des menschlichen <strong>Denken</strong>s. Ziel muss es folglich<br />

sein, computationale Theorien zu entwickeln, <strong>die</strong> menschliches Verhalten<br />

beschreiben <strong>und</strong> vorhersagen, sich dabei aber gleichzeitig in der Form der Beschreibung<br />

auf der Basis normativer Axiome (wie z.B. Wahrscheinlichkeitskalkül)<br />

bewegen <strong>und</strong> sich daraus in konsistenter Weise ableiten. 2<br />

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, <strong>die</strong>ses Konzept auf menschliches Kausaldenken<br />

anzuwenden <strong>und</strong> <strong>die</strong>ses auf computationaler Ebene in Situationen zu<br />

untersuchen, in denen es sich nach den Untersuchungen von Rehder <strong>und</strong> Burnett<br />

(2005) als „<strong>Markov</strong> verletzend“ herausgestellt hat. Die Arbeit gliedert sich dabei<br />

wie folgt:<br />

In Kapitel 2 werden als Ausgangspunkt <strong>die</strong> Literatur zum kausalen Lernen<br />

<strong>und</strong> <strong>Denken</strong> überblicksartig dargestellt <strong>und</strong> eine Einführung in <strong>die</strong> aktuellere Forschung<br />

im Bereich der <strong>Bayes</strong>-<strong>Netze</strong> als psychologische Theorien kausalen <strong>Denken</strong>s<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> damit als zentrale Annahme eng verb<strong>und</strong>ene <strong>Markov</strong>-<strong>Bedingung</strong><br />

gegeben. Dabei werden insbesondere <strong>die</strong> Arbeiten von Rehder <strong>und</strong> Burnett<br />

(2005) genauer vorgestellt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Abweichungen von <strong>die</strong>ser zentralen Annahme<br />

(„<strong>Markov</strong>-Verletzungen“) empirisch untersucht <strong>und</strong> dokumentiert haben. Die<br />

Stu<strong>die</strong>n <strong>die</strong>nen sodann als Motivation für <strong>die</strong> Entwicklung der Idee, dass Probanden<br />

bei Kausalinferenzen systematisch weiteres Wissen, insbesondere um <strong>die</strong><br />

zugr<strong>und</strong>e liegenden kausalen Prozesse, miteinbeziehen <strong>und</strong> <strong>die</strong>ses sich vor allem<br />

auf <strong>die</strong> repräsentierte Fehlerstruktur auswirkt.<br />

1 Diese Sichtweise ist dabei vor allem aus der Perspektive der Künstlichen-Intelligenz-Forschung<br />

motiviert, da es bis heute nicht gelungen ist, eine Maschine zu konstruieren, <strong>die</strong> den Leistungen<br />

des menschlichen Gehirns, z.B. im Bereich der visuellen Wahrnehmung oder der autonomen<br />

Handlungsplanung <strong>und</strong> -steuerung in komplexen Situationen, auch nur im Entferntesten nahe<br />

kommt. Aus <strong>die</strong>ser Perspektive erscheint es daher vermessen, menschliches Verhalten deshalb<br />

als irrational zu deklarieren, weil es von „normativen“ Modellen abweicht, <strong>die</strong> sich in realen Situationen<br />

aufgr<strong>und</strong> ihrer simplifizierenden Annahmen überhaupt nicht implementieren lassen. In<br />

<strong>die</strong>sem Sinne gilt mithin das menschliche Verhalten <strong>und</strong> <strong>Denken</strong> als Messlatte, <strong>die</strong> es (vorerst) zu<br />

erreichen gilt <strong>und</strong> nicht umgekehrt.<br />

2 Für eine ausführliche Debatte <strong>die</strong>ses Ansatzes siehe u.a. Brighton & Gigerenzer, 2008; Chater<br />

<strong>und</strong> Oaksford (2008a, 2008b), Danks (2008), Oaksford <strong>und</strong> Chater (2007),Shultz (2007), Sloman<br />

<strong>und</strong> Fernbach (2008) sowie Waldmann et al. (2008).

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