Kausales Denken, Bayes-Netze und die Markov-Bedingung
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Abgesehen von <strong>die</strong>sem Problem leiden Constraint-based-Ansätze daran,<br />
dass sie eine große Menge an Daten benötigen, um <strong>die</strong> Abhängigkeiten reliabel<br />
zu identifizieren. Nichtsdestotrotz sind sie auch in <strong>die</strong> Psychologie, insbesondere<br />
in <strong>die</strong> Entwicklungspsychologie, übertragen worden. In sehr einfachen Settings<br />
scheinen sogar Kinder sensitiv für <strong>die</strong> strukturellen Implikationen im Hinblick auf<br />
konditionale Abhängigkeiten zu sein (siehe Gopnik et al., 2004; Gopnik, Sobel,<br />
Schulz & Glymour, 2001; Kushnir & Gopnik, 2007), auch wenn neuere Bef<strong>und</strong>e<br />
(siehe z.B. Lagnado & Sloman, 2002, 2006) es zweifelhaft erscheinen lassen, dass<br />
<strong>die</strong> gef<strong>und</strong>enen Leistungen wirklich auf eine Sensitivität für konditionale Abhängigkeiten<br />
zurückzuführen sind.<br />
Ein in Abgrenzung zu den Constraint-based-Methoden entwickelter<br />
bayesianischer Ansatz zum Lernen kausaler Strukturen wurde erstmals von<br />
Steyvers et al. (2003) empirisch untersucht (für den theoretischen Hintergr<strong>und</strong><br />
siehe auch Bishop, 2006; Heckerman, 1999; Heckerman, Meek & Cooper, 1999).<br />
Diese Ansätze gehen im Gr<strong>und</strong>satz davon aus, dass das Lernen kausaler Strukturen<br />
nichts anderes ist als das Testen verschiedener Strukturhypothesen. Unter<br />
Anwendung der <strong>Bayes</strong>-Formel lässt sich <strong>die</strong> A-posteriori-Wahrscheinlichkeit der<br />
möglichen Strukturen gegeben der beobachteten Lerndaten berechnen. Ohne<br />
weitere Annahmen lösen aber auch <strong>die</strong>se Ansätze nicht das Problem der <strong>Markov</strong>-<br />
Äquivalenz, zumal <strong>die</strong> Anzahl der möglichen Strukturhypothesen (also möglicher<br />
<strong>Bayes</strong>-<strong>Netze</strong>) exponentiell mit der Anzahl der Variablen wächst. Bereits mit relativ<br />
einfachen Strukturen (insbesondere Common-Cause- <strong>und</strong> Common-Effect-<br />
Strukturen; siehe Abbildung 1), wie sie von Steyvers et al. (2003) genutzt wurden,<br />
war <strong>die</strong> Leistung der Probanden im Hinblick auf <strong>die</strong> Identifikation der richtigen<br />
Kausalstruktur alles andere als überzeugend (ebenda).<br />
Im weiteren Verlauf (<strong>und</strong> natürlich auch schon vorher) konzentrierte sich<br />
<strong>die</strong> Forschung daher auf <strong>die</strong> Frage, welche zusätzlichen Informationen (neben<br />
Kovariationsdaten) <strong>und</strong> welches Vorwissen Menschen nutzen, um <strong>die</strong> kausale<br />
Struktur der Welt zu lernen (siehe für einen Überblick Lagnado, Waldmann,<br />
Hagmayer & Sloman, 2007) bzw. wie <strong>die</strong> unüberschaubare Anzahl an potentiell in<br />
Frage kommenden Strukturen soweit eingeschränkt werden kann, dass eine<br />
Identifikation der richtigen Struktur überhaupt erst möglich ist. Zentrale Bedeu-