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Kausales Denken, Bayes-Netze und die Markov-Bedingung

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56<br />

4 Modellierung<br />

Wie im letzten Kapitel dargelegt, nutzen Versuchspersonen bei der Beurteilung<br />

der Anwesenheit eines unbeobachteten Effekts in einer Common-Cause-Struktur<br />

gegeben des Status der gemeinsamen Ursache <strong>und</strong> der weiteren Effekte mehr<br />

Vorwissen, als eine einfache Analyse auf <strong>Bayes</strong>-Netz-Ebene suggeriert. Die Ratings<br />

im Hinblick auf <strong>die</strong> Anwesenheit des unbeobachteten Effekts hängen stark<br />

von den weiteren Eigenschaften des instruierten Systems ab, vor allem von den<br />

Annahmen über <strong>die</strong> zugr<strong>und</strong>e liegenden Kausalprozesse <strong>und</strong> <strong>die</strong> implizierte Fehlerstruktur.<br />

Dies mag auch nicht verw<strong>und</strong>ern. Wie bereits in Kapitel 2 beschrieben, setzen<br />

<strong>Bayes</strong>-<strong>Netze</strong> gerade aufgr<strong>und</strong> der <strong>Markov</strong>-<strong>Bedingung</strong> voraus, dass <strong>die</strong> kausalen<br />

Prozesse, <strong>die</strong> von einer Ursache ausgehen, völlig unabhängig voneinander<br />

sind. Das heißt, ist <strong>die</strong> Ursache anwesend, dann bestimmt sich für jeden ihrer<br />

Effekte jeweils unabhängig, ob sie „ursächlich“ für einen Effekt wird. Dass <strong>die</strong><br />

Ursache jedoch in Gänze versagen könnte <strong>und</strong> daher keinen ihrer Effekte hervorbringt,<br />

ist nicht vorgesehen 28 . Auf statistisch-computationaler Ebene stellt<br />

<strong>die</strong>s zwar kein Problem dar: Die <strong>Markov</strong>-<strong>Bedingung</strong> ist eine <strong>Bedingung</strong>, <strong>die</strong> hergestellt<br />

werden kann, indem weitere Variablen in das betrachtete System eingeführt<br />

werden, <strong>die</strong> <strong>die</strong> konditionalen Abhängigkeiten erklären (siehe dazu Pearl,<br />

2000, oder auch Hausman & Woodward, 1999), auf psychologischer Ebene jedoch<br />

erscheint es unplausibel, als Ausgangspunkt ein kausales System zu definieren,<br />

in dem <strong>die</strong> <strong>Markov</strong>-<strong>Bedingung</strong> gilt (also ein klassisches <strong>Bayes</strong>-Netz zu postulieren).<br />

Rehder <strong>und</strong> Burnett (2005) wie auch <strong>die</strong> in Kapitel 3 präsentierten Stu<strong>die</strong>n<br />

zeigen, dass <strong>die</strong> <strong>Markov</strong>-<strong>Bedingung</strong> gerade keine Default-Annahme im<br />

menschlichen Kausaldenken darzustellen scheint. Es liegt daher nahe, eine Beschreibungsform<br />

zu wählen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s explizit berücksichtigt.<br />

Im vorliegenden Abschnitt soll daher ein bayesianisches Modell entwickelt<br />

werden, das zum einen – aufbauend auf der in Abschnitt 2.4 entwickelten Idee –<br />

klassische <strong>Bayes</strong>-<strong>Netze</strong> um eine weitere, gemeinsame Fehlerkomponente erweitert,<br />

<strong>die</strong> gleichermaßen auf alle Effekte einer Ursache wirkt, <strong>und</strong> zum anderen<br />

28 Wenn man von dem Fall absieht, dass zufällig alle Ursache-Effekt-Relationen unabhängig voneinander<br />

versagen.

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