Kausales Denken, Bayes-Netze und die Markov-Bedingung
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4 Modellierung<br />
Wie im letzten Kapitel dargelegt, nutzen Versuchspersonen bei der Beurteilung<br />
der Anwesenheit eines unbeobachteten Effekts in einer Common-Cause-Struktur<br />
gegeben des Status der gemeinsamen Ursache <strong>und</strong> der weiteren Effekte mehr<br />
Vorwissen, als eine einfache Analyse auf <strong>Bayes</strong>-Netz-Ebene suggeriert. Die Ratings<br />
im Hinblick auf <strong>die</strong> Anwesenheit des unbeobachteten Effekts hängen stark<br />
von den weiteren Eigenschaften des instruierten Systems ab, vor allem von den<br />
Annahmen über <strong>die</strong> zugr<strong>und</strong>e liegenden Kausalprozesse <strong>und</strong> <strong>die</strong> implizierte Fehlerstruktur.<br />
Dies mag auch nicht verw<strong>und</strong>ern. Wie bereits in Kapitel 2 beschrieben, setzen<br />
<strong>Bayes</strong>-<strong>Netze</strong> gerade aufgr<strong>und</strong> der <strong>Markov</strong>-<strong>Bedingung</strong> voraus, dass <strong>die</strong> kausalen<br />
Prozesse, <strong>die</strong> von einer Ursache ausgehen, völlig unabhängig voneinander<br />
sind. Das heißt, ist <strong>die</strong> Ursache anwesend, dann bestimmt sich für jeden ihrer<br />
Effekte jeweils unabhängig, ob sie „ursächlich“ für einen Effekt wird. Dass <strong>die</strong><br />
Ursache jedoch in Gänze versagen könnte <strong>und</strong> daher keinen ihrer Effekte hervorbringt,<br />
ist nicht vorgesehen 28 . Auf statistisch-computationaler Ebene stellt<br />
<strong>die</strong>s zwar kein Problem dar: Die <strong>Markov</strong>-<strong>Bedingung</strong> ist eine <strong>Bedingung</strong>, <strong>die</strong> hergestellt<br />
werden kann, indem weitere Variablen in das betrachtete System eingeführt<br />
werden, <strong>die</strong> <strong>die</strong> konditionalen Abhängigkeiten erklären (siehe dazu Pearl,<br />
2000, oder auch Hausman & Woodward, 1999), auf psychologischer Ebene jedoch<br />
erscheint es unplausibel, als Ausgangspunkt ein kausales System zu definieren,<br />
in dem <strong>die</strong> <strong>Markov</strong>-<strong>Bedingung</strong> gilt (also ein klassisches <strong>Bayes</strong>-Netz zu postulieren).<br />
Rehder <strong>und</strong> Burnett (2005) wie auch <strong>die</strong> in Kapitel 3 präsentierten Stu<strong>die</strong>n<br />
zeigen, dass <strong>die</strong> <strong>Markov</strong>-<strong>Bedingung</strong> gerade keine Default-Annahme im<br />
menschlichen Kausaldenken darzustellen scheint. Es liegt daher nahe, eine Beschreibungsform<br />
zu wählen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s explizit berücksichtigt.<br />
Im vorliegenden Abschnitt soll daher ein bayesianisches Modell entwickelt<br />
werden, das zum einen – aufbauend auf der in Abschnitt 2.4 entwickelten Idee –<br />
klassische <strong>Bayes</strong>-<strong>Netze</strong> um eine weitere, gemeinsame Fehlerkomponente erweitert,<br />
<strong>die</strong> gleichermaßen auf alle Effekte einer Ursache wirkt, <strong>und</strong> zum anderen<br />
28 Wenn man von dem Fall absieht, dass zufällig alle Ursache-Effekt-Relationen unabhängig voneinander<br />
versagen.