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Kausales Denken, Bayes-Netze und die Markov-Bedingung

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z.B. bezüglich der Typikalität eines Exemplars oder bezüglich der Unsicherheit<br />

über <strong>die</strong> Ausprägung der beobachteten Variablen.<br />

Das Phänomen der <strong>Markov</strong>-Verletzung könnte jedoch auch in der Kausalinferenz<br />

selbst liegen. Dies würde erklären, warum sie nicht dem Underlying-<br />

Mechanism-Modell entsprechend nur auf kategoriale Kontexte beschränkt ist.<br />

Betrachten wir dazu <strong>die</strong> Relation zwischen einer Ursache C, z.B. einem Virus, <strong>und</strong><br />

einem Effekt E, z.B. einem Symptom wie Fieber. Wenn <strong>die</strong> Ursache C ihren Effekt<br />

nunmehr in 80% der Fälle ihrer Anwesenheit hervorbringt (<strong>die</strong>s entspricht dann<br />

einer Kausalstärke von 0.8), dann heißt <strong>die</strong>s auch, dass sie <strong>die</strong>sen in 20% der Fälle<br />

nicht hervorbringt. Warum sie in <strong>die</strong>sen Fällen versagt, ist aber nicht Bestandteil<br />

der bis dato dominierenden kovariationsbasierten Ansätze sowie im Prinzip auch<br />

nicht der <strong>Bayes</strong>-Netz-Theorien. Es ist vielmehr Frage des <strong>die</strong>ser rein statistischen<br />

Kausalrelation zugr<strong>und</strong>e liegenden Mechanismus (siehe dazu auch Abschnitt<br />

2.1.3), also wie <strong>die</strong> Ursache ihren Effekt hervorbringt <strong>und</strong> warum sie <strong>die</strong>s in einigen<br />

Fällen nicht schafft. Dabei könnte man sich natürlich auch rein<br />

probabilistische Mechanismen, wie zum Beispiel in der Quantenmechanik, vorstellen<br />

21 . Ein Versagen wäre demnach Zufall <strong>und</strong> hätte keinen höheren Gr<strong>und</strong>.<br />

Forschung zeigt jedoch, dass Menschen ein eher quasi-deterministisches Weltverständnis<br />

haben (Griffiths & Tenenbaum, 2007; Richardson, Schulz & Gopnik,<br />

2007; Schulz & Sommerville, 2006; siehe auch Luhmann & Ahn, 2005; für eine<br />

Formalisierung in funktionalen Kausalmodellen siehe Pearl, 2000). Das heißt,<br />

dass ein probabilistischer Zusammenhang zwischen Ursache C <strong>und</strong> Effekt E auf<br />

nicht beobachtete präventive Ursachen zurückzuführen ist, auf Ursachen also,<br />

<strong>die</strong> C daran hindern, den Effekt E hervorzubringen. Das Komplement zur Kausalstärke<br />

ist damit Ausdruck der Häufigkeit/Stärke solcher präventiven Ursachen<br />

(für eine formalere Darstellung siehe Abschnitt 4.1).<br />

Betrachtet man <strong>die</strong>sbezüglich nun eine Common-Cause-Struktur, wie sie<br />

von Rehder <strong>und</strong> Burnett (2005) verwendet wurde, z.B. einen Virus als Ursache<br />

dreier Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen <strong>und</strong> Durchfall, dann erscheint es<br />

plausibel, dass <strong>die</strong> Frage des zugr<strong>und</strong>e liegenden Mechanismus <strong>und</strong> damit der<br />

Frage möglicher präventiver Ursachen einen Einfluss auf <strong>die</strong> Inferenzen in der<br />

21 Der Power-PC-Theorie von Cheng (1997) liegt ein solch probabilistisches Kausalitätsverständnis<br />

zugr<strong>und</strong>e (siehe für eine Kritik u.a. Luhmann & Ahn, 2005).

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