Kausales Denken, Bayes-Netze und die Markov-Bedingung
Kausales Denken, Bayes-Netze und die Markov-Bedingung
Kausales Denken, Bayes-Netze und die Markov-Bedingung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
27<br />
Gesamtstruktur hat. Die <strong>Markov</strong>-<strong>Bedingung</strong> verlangt, dass <strong>die</strong>se potentiellen<br />
Fehler für <strong>die</strong> einzelnen Links Virus–Fieber, Virus–Kopfschmerzen <strong>und</strong> Virus–<br />
Durchfall unabhängig sind, <strong>die</strong> gedachten präventiven Ursachen also unabhängig<br />
voneinander wirken. Im genannten Beispiel könnte man eine <strong>die</strong>sbezügliche Intuition<br />
haben: Der Virus zirkuliert im Blut <strong>und</strong> greift das Lymphsystem an (führt<br />
zu Fieber), schädigt <strong>die</strong> Blut-Hirn-Schranke (führt zu Kopfschmerzen) <strong>und</strong><br />
schwächt den Magen-Darm-Trakt (führt zu Durchfall). Dass der Virus ein Symptom<br />
nicht immer hervorbringt, kann in <strong>die</strong>sem Fall an spezifischen, unabhängigen<br />
präventiven Ursachen an den verschiedenen Wirkorten liegen. In <strong>die</strong>sem Fall<br />
sollten <strong>die</strong> Inferenzen hinsichtlich der Anwesenheit eines Effekts gar nicht (oder<br />
zumindest nur wenig) von der Anwesenheit oder Abwesenheit der anderen Effekte<br />
abhängig sein, da deren Zustand nur etwas über <strong>die</strong> für den jeweiligen Effekt<br />
spezifische präventive Ursache aussagt, nicht aber über <strong>die</strong>jenige, <strong>die</strong> zum<br />
Zieleffekt gehört.<br />
Das Beispiel lässt sich aber auch mit anderen Intuitionen über <strong>die</strong> zugr<strong>und</strong>e<br />
liegenden Kausalmechanismen verbinden: Zum Beispiel, dass der Virus in Leberzellen<br />
eindringt <strong>und</strong> dort Gene aktiviert, <strong>die</strong> <strong>die</strong> betroffenen Zellen eine Substanz<br />
produzieren lassen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> entsprechenden Symptome hervorbringt. Eine mögliche<br />
präventive Ursache wären Anti-Körper, <strong>die</strong> den Virus davon abhalten, in <strong>die</strong><br />
Leberzellen einzudringen <strong>und</strong> damit <strong>die</strong> schädigende Substanz zu produzieren. In<br />
<strong>die</strong>sem Fall würde <strong>die</strong> Abwesenheit der Symptome für <strong>die</strong> Anwesenheit der präventiven<br />
Ursache sprechen, <strong>die</strong> sich auch auf den Zieleffekt auswirkt. Auf der<br />
Ebene der beobachtbaren Variablen wären <strong>die</strong> Inferenzen bezüglich der Effekte<br />
nicht mehr konditional unabhängig.<br />
Der Unterschied zwischen den beiden Beispielen liegt dabei offenk<strong>und</strong>ig in<br />
der Frage, ob <strong>die</strong> potentiellen Fehlerquellen eher effektseitig, was konditionale<br />
Unabhängigkeit impliziert, oder ursacheseitig lokalisiert sind, was zu konditionalen<br />
Abhängigkeiten führt. Dem Beispiel folgend, mag der Schlüssel zur Erklärung<br />
von <strong>Markov</strong>-Verletzungen also in den kausalen Prozessen liegen: Wie erzeugt <strong>die</strong><br />
Ursache ihre Effekte <strong>und</strong> welche Probleme können hierbei auftreten. – Dabei<br />
muss es sich nicht um konkretes Wissen handeln. Allein das Wissen, dass es solche,<br />
auf alle Effekte wirkenden präventiven Ursachen geben kann, würde dann