Kausales Denken, Bayes-Netze und die Markov-Bedingung
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danken lesenden Alien zeigt. Das heißt, das Gedanken lesende Alien ist der Effekt<br />
<strong>und</strong> das Alien, von dem gelesen wird, <strong>die</strong> Ursache. Das erscheint zwar kontraintuitiv,<br />
weil schließlich das Gedanken lesende Alien aktiv ist („es liest“) <strong>und</strong> <strong>die</strong>ses<br />
daher etwas zu verursachen scheint <strong>und</strong> nicht andersherum, doch auf rein statistischer<br />
Betrachtungsebene der Ereignisse – der Gedanken der Aliens – <strong>und</strong> aus<br />
der Perspektive von kausalen <strong>Bayes</strong>-<strong>Netze</strong>n ist <strong>die</strong>se tiefere kausale Ebene nicht<br />
relevant. Die Begriffe „Ursache“ <strong>und</strong> „Effekt“ sind rein statistisch auf der Basis<br />
konditionaler Abhängigkeiten definiert. – Genau <strong>die</strong>s ist eines der Probleme <strong>die</strong>ses<br />
Ansatzes, wenn man ihn auch auf der inhaltlichen Ebene als psychologische<br />
Theorie des kausalen <strong>Denken</strong>s einsetzen möchte.<br />
Die „Domäne“ Gedanken lesender Aliens hat – neben der beschriebenen<br />
Äquivalenz zu einer kausalen Domäne – weitere Vorteile, <strong>die</strong> sie geeignet machen,<br />
kausales Lernen <strong>und</strong> <strong>Denken</strong> zu untersuchen. Wie bereits von Steyvers et<br />
al. (2003) ausgeführt, existieren in <strong>die</strong>ser Domäne keine A-priori-Biases, welche<br />
<strong>die</strong> Versuchspersonen beim Lösen von Aufgaben nutzen können <strong>und</strong> damit <strong>die</strong><br />
Untersuchungsergebnisse verfälschen bzw. deren Interpretierbarkeit erschweren.<br />
In anderen, natürlicheren Domänen, <strong>die</strong> normalerweise eingesetzt werden,<br />
um menschliches Kausaldenken zu erforschen – z.B. Viren-Symptom-<br />
Beziehungen (wie im einführenden Beispiel in Abschnitt 2.4), Krankheiten <strong>und</strong><br />
Substanzen im Blut von Tieren, Lebensmittel <strong>und</strong> Allergien etc. – haben <strong>die</strong> Versuchspersonen<br />
i.d.R. viel Vorwissen, Erfahrungen <strong>und</strong> mehr oder weniger konkrete<br />
Annahmen über <strong>die</strong> Basisraten der involvierten Ereignisse, <strong>die</strong> zugr<strong>und</strong>e<br />
liegenden kausalen Mechanismen, <strong>die</strong> Stärke <strong>und</strong> <strong>die</strong> Richtung von Kausalbeziehungen<br />
(z.B. ist <strong>die</strong> kausale Rolle von Krankheiten [Ursachen] <strong>und</strong> Symptomen<br />
[Effekte] vordefiniert, während jedes Alien als Effekt wie auch als Ursache <strong>die</strong>nen<br />
kann, was u.a. eine Manipulation der Kausalrichtung unter Konstanthaltung aller<br />
anderen Variablen vereinfacht bzw. überhaupt erst ermöglicht). Während <strong>die</strong>ses<br />
Vorwissen der Versuchspersonen <strong>und</strong> dessen Interaktion mit den instruierten<br />
Eigenschaften des experimentellen Szenarios in anderen Stu<strong>die</strong>n keine große<br />
Rolle spielen mag, so stellt es bei der Nutzung natürlicher Szenarien jedoch eine<br />
Herausforderung dar, wenn man <strong>die</strong> Annahmen über <strong>die</strong> zugr<strong>und</strong>e liegenden