Darstellendes Spiel und ästhetische Bildung - KOBRA - Universität ...
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Gleichzeitig stellt der Körper dabei ein wichtiges Instrument des/der <strong>Spiel</strong>ers/-<br />
in dar. Durch ihn wird die zu spielende Figur zum Leben erweckt. Auf diese<br />
Weise lernt der/die <strong>Spiel</strong>er/-in seinen/ihren eigenen Körper kennen <strong>und</strong> bewusst<br />
als Ausdrucksmittel einzusetzen. 288 Hierin liegt jedoch gleichzeitig auch<br />
ein Moment der Distanzierung von sich selbst, der es ermöglicht, sich in vielfältiger<br />
Weise wahrzunehmen <strong>und</strong> diese eigenen Wahrnehmungen mit anderen,<br />
äußeren <strong>und</strong> fremden, in ein Verhältnis zu setzen. 289 Somit werden im<br />
Theaterspielen sowohl die Selbstwahrnehmung als auch die Selbstreflexion<br />
als Fähigkeiten eingefordert <strong>und</strong> geschult. 290<br />
Darüber hinaus kann das Theaterspiel nicht als bloßes Abbild oder Spiegelbild<br />
der alltäglichen Realität betrachtet werden. Viel mehr wird an den/die <strong>Spiel</strong>er/-<br />
in die Anforderung gestellt, theatrale Wirklichkeit zu konstruieren. 291 In Abgrenzung<br />
zum Alltäglichen ergibt sich dabei ein Freiraum, in dem Fremdes, als<br />
auch Bekanntes, Emotionen, Handlungen <strong>und</strong> Verhältnisse erprobt werden<br />
können. Der/die <strong>Spiel</strong>er/-in lernt gleichzeitig zwischen konstruierter <strong>und</strong> alltäglicher<br />
Realität zu differenzieren <strong>und</strong> „Wirklichkeitsentwürfe“ 292 zu gestalten, die<br />
vor allem Erfahrungsräume außerhalb des Alltäglichen ermöglichen. 293 Hierin<br />
liegt ein besonderer Moment <strong>ästhetische</strong>r <strong>Bildung</strong>, den Ritter wie folgt beschreibt:<br />
„Der Mensch mit dem Sinn für die möglichen Wirklichkeiten (gegenüber<br />
dem Menschen mit Sinn für die wirklichen Möglichkeiten) setzt demnach<br />
sein Vertrauen in das Mögliche als das Werdende, gibt überhaupt weniger<br />
auf das Sein als auf das Werden. Er hat nicht ‚Freude an der Wirklichkeit<br />
von Eigenschaften‘, an ihrem ‚Besitz‘, sondern an der produktiven, die Eigenschaften<br />
bestimmenden <strong>und</strong> produzierenden Kraft, an den Verwandlungen<br />
von Eigenschaften. (…) diese ‚Eigenschaften‘ sind in ihm in Fluß,<br />
sie sind nicht feste Ausprägung, sondern Gestaltungsprozesse.“ 294<br />
Dieses das Subjekt bildende Produzieren <strong>und</strong> Gestalten ist nach Hentschel<br />
nicht einem bestimmten Ziel <strong>und</strong> Zweck verpflichtet, sondern zeigt sich als<br />
kongruent zur „subjektiven Suchbewegung zwischen den selbstbestimmt konstituierten<br />
Wirklichkeiten.“ 295<br />
Darüber hinaus wird im Gestalten <strong>und</strong> Erfahren ein Doppelcharakter des<br />
Theaterspielens deutlich. Im <strong>Spiel</strong> beginnt der/die <strong>Spiel</strong>er/-in einerseits sich<br />
selbst in der Figur zu erfahren, als auch andererseits diese gestalterisch darzustellen.<br />
Erleben <strong>und</strong> Darstellen liegen dabei kontinuierlich nebeneinander<br />
288 Vgl. Czerny 2004/05.<br />
289 Vgl. Hentschel 1996, 249.<br />
290 Vgl. ebd., 250.<br />
291 Vgl. ebd., 244.<br />
292 Hentschel 1996, 245.<br />
293 Vgl. Czerny 2004/05, 4.<br />
294 Ritter 1993, 24.<br />
295 Hentschel 1996, 245.<br />
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