Blumen aus Galiläa - Novertis
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ist, das sich als plötzliche Panne auf der Autobahn bemerkbar machen<br />
kann. Metaphysik ist nichts anderes – eine versteckte, aber völlig reale<br />
Kraft in der Maschine unserer Zivilisation. M. Jourdain <strong>aus</strong> Molires „Der<br />
Bürger als Edelmann" war erstaunt darüber, dass er, ohne es zu wissen,<br />
sein ganzes Leben in Prosa gesprochen hatte. Wir sind ebenfalls gen<strong>aus</strong>o<br />
erstaunt darüber, dass wir in unserem täglichen Leben gewisse metaphysische<br />
Messgrößen anwenden. Tatsächlich hängt unsere Behandlung von<br />
Nachbarn, unser soziales Verhalten von solchem Kauderwelsch wie „die<br />
Beziehung zwischen Mensch und Gott" ab.<br />
Das jüdische Konzept der Beziehung von Mensch zu Gott unterscheidet<br />
sich metaphysisch von dem – sagen wir einmal – katholischen Konzept,<br />
und zwar so sehr, wie sich Diesel von Benzin unterscheidet. Die<br />
vorherrschende Stellung der Juden im westlichen Diskurs verursacht dieselben<br />
Probleme, die man bekäme, würde man den Tank eines mit Diesel<br />
betriebenen Autos mit Benzin füllen.<br />
Der jüdische Glaube in der Form, wie er von gläubigen Juden praktiziert<br />
wird, enthält viele positive Ideen, die er mit anderen Religionen teilt.<br />
Er hat sich auch viel von anderen religiösen Systemen geborgt – zum Beispiel<br />
wurden Worte Christi in die Mischna (ein Teil der Thora) übernommen<br />
und Hillel dem Älteren zugeschrieben (laut Niebuhr). Er basiert jedoch<br />
auf störender Metaphysik; das metaphysische Niveau überdauert sogar<br />
das gegenwärtige niedrige Niveau der jüdischen Religiosität. Laut der<br />
jüdischen Lehre schuf der einzige Gott diese einzige Welt und hat keine<br />
Verbindung zu ihr. Diese Tatsache wird durch den kabbalistischen Begriff<br />
Zimzum (der zurückgezogene Gott) bekräftigt. Dies bedeutet, dass Gottes<br />
Rückzug <strong>aus</strong> der Meta-Welt der materiellen Welt etwas „Meta-Raum"<br />
überlässt. Die gottlose Welt ist der notwendige Partner des unweltlichen<br />
Gottes. Demnach ist die immanente Welt gr<strong>aus</strong>am und unbarmherzig, ein<br />
Ort ewigen Kriegsgeschehens, während Gott transzendental und unerreichbar<br />
ist. „Es gibt keine Propheten", „Gott kann sich nicht in unsere Entscheidungen<br />
einschalten", „das Gesetz wurde uns gesandt und Gott kann<br />
es nicht ändern" – diese Glaubensgrundsätze schaffen effektiv eine gottlose<br />
Welt. Zwar existiert Gott, doch er manifestiert sich nicht.<br />
Im christlichen Glauben überbrückten Christus und die Heilige Jungfrau<br />
die Trennung zwischen der Welt und Gott durch dessen Inkarnation in<br />
Christus und brachten Barmherzigkeit und Gnade in die Welt. Seither ist<br />
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