Blumen aus Galiläa - Novertis
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den, um Nablus dem Erdboden gleich zu machen. Aber dies war die Realität.<br />
Eine laute Explosion brachte das Gebäude ins Wanken, die Bildschirme<br />
blinkten und erloschen.<br />
„Es war eine selbst gebastelte Mine", sagte ein junger Kämpfer.<br />
„Nein", meinte sein Freund, „es war ein 81-mm-Mörser."<br />
Sie rannten das Stiegenh<strong>aus</strong> hinunter und ins Freie. Wir folgten ihnen<br />
in die sternklare Nacht hin<strong>aus</strong>. Die Israelis senden ihre Aufklärertruppen<br />
oft in diesen Stunden in die Stadt. Sie gehen in die Häuser, treiben einige<br />
Männer zusammen und bringen sie in ihre Folterkeller. Um ihnen Informationen<br />
zu entlocken, sagen sie, doch es gibt noch einen anderen Grund:<br />
Ein gefolterter Mann ist, gen<strong>aus</strong>o wie ein vergewaltigtes Mädchen, eine<br />
unterworfene Kreatur. Über 100.000 Palästinenser und unzählige Libanesen<br />
wurden von den Israelis gefoltert, wahrscheinlich ein weltweiter Rekord.<br />
Die Kämpfer gehen auf die Straße, um die Folterer aufzuhalten oder<br />
sie zumindest dafür zur Rechenschaft zu ziehen.<br />
Das Kräfteverhältnis ist ziemlich unproportionell: die dritt- oder zweitstärkste<br />
Armee der Welt, unterstützt von der amerikanischen Supermacht,<br />
gegen diese jungen Männer und Frauen. Wenn es die Israelis wirklich<br />
wollten, könnten sie jederzeit, bei Tag und bei Nacht, die Altstadt einnehmen.<br />
In den blutigen Kämpfen im April 2002 wurden in Nablus mehr als<br />
hundert Männer und Frauen dahingemetzelt. Eine ganze Familie von acht<br />
Personen wurde tot in ihrem H<strong>aus</strong> am Stadtrand aufgefunden, das die Panzer<br />
und gepanzerten Bulldozer über ihren Köpfen zum Einsturz gebracht hatten.<br />
Ein weiteres H<strong>aus</strong> wurde von F-16-Kampfflugzeugen bombardiert<br />
und die Stadtverwaltung schaffte es nur mit großer Mühe, die Leichen von<br />
zwei alten Frauen <strong>aus</strong> dem Schutt zu ziehen.<br />
Doch die Stadt lebt noch. Sobald die Explosionen und das Schießen<br />
aufhören, kommen die Bürger wieder <strong>aus</strong> ihren Häusern, begeben sich in<br />
die unsichere Umgebung der Märkte und kümmern sich nicht um das<br />
Ausgehverbot. Verkäufer bauen ihre Gemüse<strong>aus</strong>lagen auf, der Duft der<br />
Gewürze liegt in der Luft, alte Frauen <strong>aus</strong> benachbarten Dörfern schleichen<br />
sich in die Stadt und verkaufen ihr Olivenöl und ihre Oliven, denn<br />
wir befinden uns hier im Herzen des Olivenlandes. Die Moscheen sind<br />
voller Menschen, obwohl sie keine sichere Zuflucht bieten. Die Israelis<br />
haben keine Skrupel, auf Moscheen oder Kirchen zu schießen. Eine kleine<br />
katholische Kapelle wurde im April zerstört; die orthodoxe Kirche<br />
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