Blumen aus Galiläa - Novertis
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einmal ihre Häuser verlassen und Lebensmittel einkaufen, europäische<br />
und amerikanische Freiwillige müssen sie zu ihnen bringen. Viele fliehen<br />
vor diesem unerträglichen Leben, verlassen ihre Häuser, ihre Weingärten<br />
und ihren Besitz und gehen ins Exil. In dieser halb verschlungenen Stadt<br />
bleiben nur die Stärksten zurück.<br />
Einmal fragte mich mein amerikanischer Freund Michael, ob die Palästinenser<br />
sich dem gewaltlosen Widerstand verschrieben hätten. In Halil ist<br />
jeder Tag, jede Stunde, jede Minute im Leben eines Palästinensers ein<br />
gewaltloser Kampf. Leider ist dieser Kampf nicht sehr erfolgreich. Scheinbar<br />
verlangt das Monster nach einem Perseus, um ein wenig Überzeugungsarbeit<br />
zu leisten.<br />
Wir wagten uns auf offenes Terrain. Ein Siedler rief, als er uns in der<br />
Dämmerung unter den Bogengängen der engen Gasse sah: „Araber! Verpisst<br />
euch!"<br />
Ein Soldat an der Ecke beruhigte ihn: „Das sind keine Araber. Sie sind<br />
Internationale."<br />
„Noch schlimmer", sagte der Siedler, ein ältlicher osteuropäischer Jude.<br />
Und er rief mit seinem schweren Akzent auf Englisch: „Go away! You are<br />
not wanted here!" (Gehen Sie! Sie sind hier nicht willkommen!)<br />
„Sie sind hier ebenso nicht willkommen", antworteten wir und gingen<br />
auf die Moschee zu. Sie war von drei Reihen Soldaten umzingelt, hauptsächlich<br />
handelte es sich um kürzlich importierte Äthiopier und Ukrainer.<br />
Man überprüfte uns einmal und noch einmal, man befragte uns, woher wir<br />
kämen und warum, und dann wurden wir durch Metalldetektoren und Gedankenkontrollen<br />
geschleust. Die aufmerksamen Augen der Soldaten ruhten<br />
auf uns, voll des üblichen unermüdlichen Hasses, bevor wir uns dem<br />
riesigen Ehrenmal Abrahams nähern konnten. Und dennoch, trotz allem,<br />
wurden wir von der Aura der Heiligkeit überwältigt, die dieser Ort verströmte.<br />
Es war, als würde mich eine ungeheure Tsunamiwelle hinwegspülen,<br />
sehr, sehr weit fort. Ich weiß nicht, ob ein heiliger Ort durch den<br />
heiligen Mann, der dort begraben ist, heilig wird oder ob man im Gegenteil<br />
heilige Männer an heiligen Orten begräbt – doch sicherlich war es ein<br />
heiliger Ort.<br />
Als ich mich umdrehte, sah ich die Siedler, die die spirituelle Quelle<br />
besetzt hatten. Sie trugen weiße Gebetsschals mit schwarzen Streifen auf<br />
ihren Schultern. Sie sahen mich.<br />
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