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Blumen aus Galiläa - Novertis

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prüften unsere Papiere, durchsuchten uns und ließen uns in die Stadt der<br />

Verehrten ein, die heute das schlimmste Gefängnis im Gulag-gleichen Palästina<br />

darstellt.<br />

Mein Virgil bei diesem Abstieg in die Hölle war ein ungewöhnlicher<br />

Mann, Jerry Levin <strong>aus</strong> Alabama. Als ehemaliger Chef des CNN-Büros im<br />

Libanon verbrachte er fast ein Jahr als Gefangener der Hisbollah und lebt<br />

seither zusammen mit einer kleinen Gruppe christlicher Friedensaktivisten<br />

in der Altstadt von Halil. Die Menschen von CPT (Christian Peacemaker<br />

Teams) bringen den Belagerten Essen, versuchen die Stadtbevölkerung<br />

zu beschützen und leiden unter den Beschimpfungen und den gewalttätigen<br />

Übergriffen der Siedler und des Militärs.<br />

„Mach nicht zu viel Lärm um meinen libanesischen Gefängnisaufenthalt",<br />

sagte Jerry mir mit einem ironischen Lächeln. „Jeder hier kann dir<br />

von viel längeren und viel härteren Haftbedingungen erzählen."<br />

Hinter den Eisenstäben verfolgten uns Kinderaugen. Die Straßen waren<br />

wie leer gefegt. Die Einheimischen dürfen schon seit vielen Monaten<br />

die gepflasterten Wege ihrer Stadt nicht mehr betreten. Bereits vor Jahren<br />

wurde der Stadt eine ewige Ausgangssperre auferlegt. Plündernde Siedler<br />

waren in die Läden eingebrochen und hatten sie niedergebrannt; auf den<br />

Wänden findet man Graffitis in geschwungenem Hebräisch: „Tötet die<br />

Gojim; es ist gut fiir die Juden", „Kahane hatte Recht", „Gott beschütze<br />

Ihre Seele, Dr. Goldstein".<br />

Wir klopften an die eiserne Tür eines H<strong>aus</strong>es und hörten, wie schwere<br />

Schlösser entfernt wurden. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, um uns<br />

einzulassen. Wir erklommen die enge Treppe bis zum Dach. Das grandiose<br />

Bauwerk der Moschee reckt sich nur 200 Meter entfernt hoch in den<br />

Himmel, doch die Bewohner wagen sich selten so weit <strong>aus</strong> dem H<strong>aus</strong>.<br />

Schmale Planken verbinden die Dächer der Stadt und gestatten es so den<br />

belagerten Halilis, ihre Nachbarn zu besuchen. Ihre Kinder fliegen wie<br />

Vögel von Dach zu Dach über die Planken oder starren durch die Gitter<br />

auf die Straße. Die Straßen wurden von den Siedlern beschlagnahmt, sodass<br />

sie dort in Frieden gehen können, ohne durch die Gegenwart von<br />

Nichtjuden gestört zu werden. Regelmäßig brechen die Siedler Türen auf,<br />

greifen die Bürger an, werfen Bettzeug und Stühle <strong>aus</strong> den Fenstern und<br />

schlagen die Bewohner zusammen. Darum sind die Türen mit schweren<br />

Holzbalken und Schlössern verbarrikadiert. Die Menschen können nicht<br />

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