Blumen aus Galiläa - Novertis
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Damals besuchte ich Nablus zusammen mit zwei Touristen, einem Christen<br />
und einem Juden. Wir besichtigten die samaritische Synagoge, tranken<br />
Wasser <strong>aus</strong> dem Jakobsbrunnen in der Kirche, schauten in der Grünen<br />
Moschee vorbei und entschieden uns, Joseph unseren Respekt zu erweisen.<br />
Ein alter palästinensischer Polizist, der in jungen Jahren in der britischen<br />
Armee gedient hatte, warnte uns – wir könnten uns zwar dem Grab<br />
nähern, man würde uns aber nicht hineinlassen. Er hatte Recht. Junge russische<br />
Burschen in israelischer Armeeuniform, mit Helmen und Gewehren<br />
<strong>aus</strong>gestattet, sahen zu uns her<strong>aus</strong> und sagten uns, dass wir, um in das<br />
Grabmal eingelassen zu werden, erst ins Armeehauptquartier außerhalb<br />
der Stadt gehen müssten, uns einer Sicherheitsüberprüfung und einer Befragung<br />
unterwerfen und dann im gepanzerten Bus zurückkommen müssten.<br />
Wir suchten zugänglichere Sehenswürdigkeiten auf.<br />
Über Generationen hinweg wurde das Grab Josephs von den Menschen<br />
<strong>aus</strong> Nablus verehrt und gepflegt, doch 1975 eigneten es sich die Israelis<br />
an. Die ungeliebten Osloer Abkommen überließen es ihnen als bewaffnete<br />
Enklave im Herzen der palästinensischen Stadt. Es wurde zur Jeschiwa<br />
einer kabbalistischen Sekte unter der Führung von Rabbi Yitzhak Ginzburg.<br />
Sein Name hat einen gewissen Bekanntheitsgrad, denn Ginzburg<br />
sagte in einem Interview mit der Zeitschrift Jewish Week, ein Jude dürfe<br />
die Leber eines Nichtjuden her<strong>aus</strong>schneiden, um sein eigenes Leben zu<br />
retten, da das Leben eines Juden unvergleichlich mehr wert sei als das<br />
eines Nichtjuden. Er wurde vom Interviewer gebeten, seine Worte zu entschärfen,<br />
doch er blieb unnachgiebig. Viele israelische Zeitungen druckten<br />
dieses Interview ab, denn Ginzburg war ziemlich bekannt.<br />
Ein Jahr zuvor hatten Ginzburgs Schüler einen Abstecher in ein benachbartes<br />
palästinensisches Dorf gemacht und ein Sektenmitglied hatte<br />
ein dreizehnjähriges arabisches Mädchen ermordet. Der Mann wurde verhaftet<br />
und kam vor Gericht. Ginzburg wurde als Zeuge der Verteidigung<br />
aufgerufen und erklärte unter Eid, dass ein Jude nicht für den Mord an<br />
einem Nichtjuden verurteilt werden sollte, da das Gebot „Du sollst nicht<br />
töten" sich nur auf Juden beziehe. Einen Nichtjuden zu töten sei im<br />
schlimmsten Fall ein Fehlverhalten, sagte er, da „man das Blut von Juden<br />
und Nichtjuden nicht miteinander vergleichen könne". So unangenehm<br />
das auch ist – er hat nur die Standard<strong>aus</strong>legung der Halachah, des jüdischen<br />
Gesetzes, laut <strong>aus</strong>gesprochen.<br />
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