Broschüre 2004 zum Download (pdf | 1994,28 KB) - H. Wilhelm ...
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Toleranz gegenüber unerwünschten/toxischen Faktoren<br />
Dass die Verträglichkeit antinutritiver oder sogar<br />
toxischer Futterinhaltsstoffe mit spezifischen Bakterienspezies<br />
assoziiert ist, konnte erstmals für die<br />
Abbauprodukte der nicht in Proteinen vorkommenden<br />
Aminosäure Mimosin, welche in der tropischen<br />
Leguminosengattung Leucaena verbreitet ist, gezeigt<br />
werden. Ziegen auf Hawaii waren gegenüber Wiederkäuern<br />
an anderen Standorten wesentlich toleranter<br />
gegenüber Mimosin. Als Ursache konnte die Entgiftung<br />
der Mimosin-Abbauprodukte durch Synergistis<br />
jonesii nachgewiesen werden (Allison et al. 1990).<br />
In zahlreichen nativen Sträuchern und Bäumen der<br />
südlichen Hemisphäre kommt Monofluorazetat vor,<br />
dass durch Dehalogenase entgiftet werden kann. Dieses<br />
Enzym kommt natürlicherweise z. B. in Bodenbakterien<br />
der Gattung Moraxella vor, konnte aber<br />
inzwischen auch in Pansenbakterien etabliert werden<br />
(Gregg et al. 1998). Derzeit sind umfangreiche Feldstudien<br />
in Australien geplant, um die ökologischen<br />
Gesamtwirkungen dieser Maßnahme auf Flora und<br />
Fauna zu untersuchen. Als drittes Beispiel kann das<br />
Vorkommen tannintoleranter Bakterien bei vielen<br />
(Wild-)Wiederkäuerarten (Nelson et al. 1998) angeführt<br />
werden. Obwohl Tannine in geringeren Konzentrationen<br />
durch eine Verringerung des ruminalen<br />
Rohproteinabbaus bei konstanter Verdaulichkeit im<br />
postruminalen Verdauungstrakt positive Auswirkungen<br />
auf den Proteinwert von Futtermitteln für<br />
Wiederkäuer ausüben können, haben hohe Konzentrationen<br />
auch bei Wiederkäuern negative Effekte auf<br />
Futteraufnahme und Verdauungsgeschehen. Mit den<br />
angeführten Beispielen kann gezeigt werden, dass<br />
Mikroorganismen, die über Mechanismen verfügen,<br />
toxische Verbindungen <strong>zum</strong>indest partiell abbauen zu<br />
können, einen erheblichen Selektionsvorteil besitzen<br />
und ökologische Nischen besetzen können. Deshalb<br />
ist eine Etablierung entweder dieser Spezies selbst<br />
oder ihrer Entgiftungsmechanismen in anderen Pansenbakterienspezies<br />
ein attraktives und realisierbares<br />
Ziel geworden. Maßnahmen der Fütterungsgestaltung<br />
und des Fütterungsmanagements treten demgegenüber<br />
in den Hintergrund.<br />
3.2 Protozoen<br />
Negative Effekte durch Protozoen –<br />
Verringerung der Effizienz des N-Umsatzes<br />
Protozoen, vor allem Ziliaten, sind reguläre Besiedler<br />
der Vormägen von Wiederkäuern. Es ist vielfach<br />
belegt, dass Protozoen aufgrund hoher proteolytischer<br />
Aktivität gegenüber dem Futterprotein sowie<br />
der Aufnahme und Lysis von Bakterienzellen verantwortlich<br />
für ein umfangreiches intraruminales N-Recycling<br />
und damit eine ineffiziente N-Nutzung sind.<br />
Entsprechend konnte gezeigt werden, dass sich die<br />
Effizienz der N-Nutzung durch Wiederkäuer durch<br />
eine Entfernung von Protozoen aus dem Pansen<br />
(Defaunierung) steigern lässt. Weiterhin begünstigen<br />
die Protozoen die Methanbildung, indem sie als Wirt<br />
für Methanbildner dienen, die auf der Oberfläche<br />
von Protozoen siedeln. Zu dem ersten Aspekt wurde<br />
kürzlich eine Studie <strong>zum</strong> Ganzkörper-N-Umsatz von<br />
Schafen publiziert, aus der in Tabelle 2 einige Daten<br />
zusammengefasst sind.<br />
Es wird deutlich, dass die Defaunierung durch eine<br />
dramatische Verringerung des N-Recyclings auf 33<br />
bzw. 12 % im Ganzkörper bzw. Pansen eine Erhöhung<br />
des mikrobiellen N-Flusses in den Dünndarm<br />
um fast 50 % ermöglichte. Aus diesen und ähnlichen<br />
Daten könnte geschlossen werden, dass eine Defaunierung<br />
die Maßnahme der Wahl für eine effizientere<br />
Nutzung der knappen Ressource Stickstoff in der<br />
Tabelle 2: Auswirkungen einer Defaunierung des Pansens von<br />
Schafen auf ausgewählte Kenngrößen des N-Umsatzes<br />
(Wallace et al. 2001)<br />
Defauniert Refauniert Defauniert:<br />
Refauniert (%)<br />
Mikrobieller N-<br />
Fluss aus dem 13,3 8,9 149<br />
Pansen (g/Tag)<br />
N-Recycling<br />
(g/Tag)<br />
N-Recycling im<br />
Pansen (g/Tag)<br />
4,1 12,4 33<br />
0,8 6,6 12<br />
100