Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen ...
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119<br />
hergestellt werden <strong>und</strong> die Wirtschaftlichkeit der geothermischen Energiegewinnung verbessert werden<br />
kann. Hier werden durch Einpressen von Wasser unter hohem Druck (Stimulation) vorhandene Risse im<br />
kristallinen (ggf. auch sedimentären) Untergr<strong>und</strong>reservoir erweitert bzw. neue erzeugt, um ein ausreichend<br />
großes Volumen (>0,2 km 3 ) an die Bohrung <strong>zu</strong> koppeln <strong>und</strong> eine große Wärmetauscherfläche (typisch einige<br />
km 2 ) <strong>zu</strong> erzeugen. Der Wärmetauscherkreislauf erfolgt hier, wie auch bei hydrothermalen Systemen, <strong>zu</strong>meist<br />
zwischen zwei oder mehreren (Injektions- <strong>und</strong> Förder-) Bohrungen im (unterirdischen) Abstand von mehreren<br />
100 m, wobei die unteren Bohrenden über einige h<strong>und</strong>ert Meter für den Flüssigkeitskreislauf offen sind.<br />
Technologisch sind für die Erschließung <strong>und</strong> Nut<strong>zu</strong>ng geothermischer Vorkommen heute Lösungen für alle<br />
notwendigen Systemkomponenten verfügbar.<br />
8.3 Anwendung <strong>und</strong> Potenzial<br />
Gegenüber Wind- <strong>und</strong> Photovoltaikstrom hat Strom aus Geothermie den Vorteil einer konstanten Verfügbarkeit<br />
im Tages- <strong>und</strong> Jahreszyklus <strong>und</strong> erlaubt <strong>zu</strong>sätzlich die wirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng der (Rest-) Wärme.<br />
Weltweit wurde mit Geothermiekraftwerken im Jahr 2009 eine elektrische Leistung von ca. 10,5 GW im<br />
Jahresdurchschnitt erzeugt 1 , davon etwa 3,7 GW in den USA <strong>und</strong> Mexiko, 3 GW auf den Philippinen <strong>und</strong> in<br />
Indonesien, 800 MW in Italien (Larderello) <strong>und</strong> 450 MW in Island, wo Geothermie inzwischen 19% Anteil an<br />
der Stromversorgung hat. Die weltweite Produktion geothermischer Energie wuchs in den 4 Jahren 2005 -<br />
2009 um 16% <strong>und</strong> es wird angenommen, dass die mögliche Nut<strong>zu</strong>ng gegen Ende dieses Jahrh<strong>und</strong>erts bei<br />
vielen h<strong>und</strong>ert GWe – schwerpunktmäßig in Afrika, Mittel- <strong>und</strong> Südamerika, Asien <strong>und</strong> in den pazifischen<br />
Ländern – <strong>und</strong> für Europa bei ca. 50 GWe liegen könnte 2 . Nahe<strong>zu</strong> alle Kraftwerke befinden sich in Gegenden<br />
mit geothermischen Anomalien, die hohe Enthalpie bereitstellen. Hingegen verfügt man in Deutschland für<br />
geothermische <strong>Elektrizität</strong>serzeugung im Wesentlichen nur über Vorkommen, bei denen Bohrungen von<br />
mindestens 3.000, aber meist >5.000 m Tiefe erforderlich sind, um eine für effiziente <strong>Elektrizität</strong>serzeugung<br />
erforderliche Mindesttemperatur von ca. 150°C <strong>zu</strong> erreichen. In Deutschland sind etwa 95% des geothermischen<br />
Potenzials nur mit der Technologie der petrothermalen Systeme erschließbar.<br />
Für Deutschland wird für geothermische Stromerzeugung <strong>zu</strong>r Ermittlung des theoretischen Potenzials ein<br />
nutzbares Gesteinsvolumen entsprechend <strong>einem</strong> Drittel der Fläche der BRD <strong>und</strong> 2 km Dicke angenommen 3 ,<br />
wobei pro km 3 <strong>und</strong> Grad Celsius das geothermische Wärmereservoir ca. 2 Terajoule beträgt. Bei Nut<strong>zu</strong>ng<br />
dieses Reservoirs wird seine Temperatur absinken, da die Wärmeerzeugung (~2,5 kW/km 3 ) <strong>und</strong> der basale<br />
Wärmestrom aus dem Erdmantel den Wärmeent<strong>zu</strong>g nicht kompensieren können. Bei einer (möglicherweise<br />
als maximal <strong>zu</strong>lässig erachteten) Gesteinsabkühlung von 1°C können insgesamt 10-15 GW Stromerzeugung<br />
bei Annahme eines Gesamtwirkungsgrads von ~10% für die Dauer von 100 Jahren erreicht werden 4 – <strong>und</strong><br />
mehr, wenn entweder ein größerer Temperaturhub als akzeptabel erachtet wird oder tiefere Horizonte<br />
erbohrt werden können. Durch die Entnahme erhöhen sich Temperaturgradienten, die <strong>zu</strong>sammen mit natürlich<br />
bestehender Konvektion eine Beschleunigung gegenüber dem ungestörten konduktiven Wärmetransport<br />
bewirken. Dennoch könnte ein Zeitraum in gleicher Größenordnung wie die Nut<strong>zu</strong>ngsdauer bis hin <strong>zu</strong><br />
vielleicht 1.000 Jahren vergehen, ehe sich das Temperaturprofil wieder weitgehend erholt hätte. Zwischenzeitlich<br />
müssen Bohrungen in <strong>einem</strong> noch nicht ausgebeuteten Gebiet oder anderen Tiefenbereich niedergebracht<br />
werden.<br />
1<br />
Nach Angabe der International Geothermal Association IGA<br />
2<br />
Bertani, Long-term projections of geothermal-electric development in the world. Proceedings, GeoTHERM Congress, Offenburg/Germany,<br />
5–6 March 2009<br />
3 3<br />
das sind ca. 250 .000 km . Siehe Kaltschmitt et al. (Hrsg.): Energie aus Erdwärme, Stuttgart 1999<br />
4 3<br />
bei 100 MW (entsprechend 10 MWe bei 10% Wirkungsgrad) Entnahme aus <strong>einem</strong> km Gestein sinkt dessen Temperatur in 10 Jahren<br />
um 8° ab. Damit vermindert sich aber auch der Wirkungsgrad erheblich.