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Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen ...

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II.9 Fusionskraftwerke<br />

9.1 Physikalische Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Stand der Entwicklung<br />

Die Kernfusion stellt eine CO2-freie Energiequelle dar. Sie verwendet die nichtradioaktiven Ausgangsbrennstoffe<br />

Deuterium <strong>und</strong> Lithium, <strong>und</strong> man erwartet, dass sie so gestaltet werden kann, dass ihr Betrieb sicher<br />

ist <strong>und</strong> keine langlebigen radioaktiven Abfälle hinterlässt. Dies ist Ansporn für die weltweit großen Anstrengungen<br />

auf diesem Gebiet: Ziel der Forschung <strong>und</strong> Entwicklung ist es, Fusionsreaktoren auf der Basis der<br />

D-T Reaktion (D + T = He + n + 17.6 MeV) für den praktischen Einsatz um die Mitte dieses Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

verfügbar <strong>zu</strong> machen, wobei für diese Entwicklungen weltweit vorranging das Konzept des magnetischen<br />

Einschlusses verfolgt wird. Für den in dieser Studie hauptsächlich betrachteten Zeithorizont (2030) kann die<br />

Kernfusion noch keine Rolle am <strong>Elektrizität</strong>smarkt spielen. Deshalb wird sie hier nur relativ kurz beschrieben.<br />

Um die Kernfusion <strong>zu</strong> nutzen, müssen Brennstoff-Temperaturen von mehr als 200 Millionen Grad erreicht<br />

werden. Diese Temperaturen müssen in <strong>einem</strong> <strong>zu</strong>r Erzielung der gewünschten Fusionsleistung ausreichend<br />

großen Brennvolumen verfügbar sein. Zur Wärmeisolierung muss der heiße Zentralbereich des Plasmas von<br />

den Wänden der (toroidalen) Brennkammer einen Mindestabstand von etwa <strong>einem</strong> Meter haben (entsprechend<br />

<strong>einem</strong> Temperaturgradienten von 20 Millionen Grad/cm). Deshalb müssen Fusionsanlagen notwendigerweise<br />

groß sein – der kleine Radius beträgt ca. 2-3 m, der große 6 m. Beim Aufheizen <strong>und</strong> dem Einschluss dieser<br />

heißen Plasmen wurden in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte erzielt: Das Tripelprodukt aus Dichte,<br />

Temperatur <strong>und</strong> Einschlusszeit, das als wichtigster plasmaphysikalischer Faktor für den Fortschritt in Richtung<br />

Fusionsreaktor angesehen werden kann, wurde zwischen Ende der sechziger <strong>und</strong> Mitte der neunziger Jahre<br />

um etwa fünf Größenordnungen verbessert 1 <strong>und</strong> Temperaturen bis <strong>zu</strong> 350 Millionen Grad erreicht. Im Europäischen<br />

Fusionsexperiment JET (Joint European Torus) wurde 1991 <strong>zu</strong>m ersten Mal in der Geschichte der<br />

Menschheit in kontrollierter Weise Fusionsenergie gewonnen (1-2 MW Fusionsleistung über etwa eine Sek<strong>und</strong>e<br />

[1]). Gemeinsam mit den großen Tokamaks TFTR (USA) <strong>und</strong> JT-60U (Japan, hier allerdings nur in reinen<br />

Deuteriumplasmen) wurden Plasmaparameter erreicht, mit denen das Tripelprodukt nur noch einen Faktor 6<br />

von den Reaktorbedingungen entfernt liegt. Dabei ragen die Ergebnisse am europäischen JET-Experiment mit<br />

bis <strong>zu</strong> 16 MW Fusionsleistung für etwa eine Sek<strong>und</strong>e <strong>und</strong> 4-5 MW für ca. 4 Sek<strong>und</strong>en heraus [2].<br />

Die physikalischen Vorgänge beim Aufheizen <strong>und</strong> Einschließen von Fusionsplasmen sind in den letzten<br />

Jahrzehnten weitgehend verstanden worden, <strong>und</strong> man hat gelernt, das Verhalten des heißen Plasmas <strong>zu</strong><br />

optimieren. Damit ist von wissenschaftlicher Seite seit dem Ende der neunziger Jahre der Weg frei für ein<br />

größeres Experiment, das Fusionsleistung im Reaktormaßstab erzeugen könnte.<br />

9.2 Der Weg <strong>zu</strong>m Fusionsreaktor: ITER, DEMO, Reaktorstudien<br />

Der nächste Schritt auf dem Weg <strong>zu</strong>r Fusion ist der experimentelle Reaktor ITER [3], dessen Bau in weltweiter<br />

Zusammenarbeit in Cadarache (Südfrankreich) begonnen hat <strong>und</strong> mit dem reaktorrelevante Betriebsweisen<br />

<strong>und</strong> für den Reaktor notwendige Technologien entwickelt werden sollen. Wie bei allen Anlagen vom Typ<br />

„Tokamak“ handelt es sich bei ITER <strong>zu</strong>nächst um eine Maschine für gepulste Betriebsweise, die allerdings<br />

mittels Zusatzeinrichtungen für so genannten „nicht-induktiven Stromtrieb“ auch stationär betrieben werden<br />

kann. Eine Alternative, die ohne solchen Stromtrieb <strong>zu</strong> stationärem Betrieb fähig ist, bietet eine andere<br />

Weiterentwicklung des toroidalen Einschlusses, nämlich der Anlagentyp „Stellarator“, dessen fortschrittlichste<br />

Maschine derzeit in Greifswald/Deutschland aufgebaut wird. Allerdings wird sie, in der Größe wesentlich<br />

kleiner als JET, noch keine Fusionsleistung erzeugen.<br />

1<br />

Dieser Fortschritt entspricht einer durchschnittlichen Verdopplung in 18 Monaten; das ist dem „Moore’schen Gesetz“ der Halbleiterindustrie<br />

vergleichbar.

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