Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen ...
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92<br />
hinaus sind politisch definierte Preisfestset<strong>zu</strong>ngen <strong>zu</strong> betrachten, die als Steuervergünstigung oder Einspeisevergütung<br />
für Strom aus Biomasse eine natürliche Markt- <strong>und</strong> Konkurrenzbildung verzerren <strong>und</strong> den<br />
Energiepflanzenanbau gegenüber der Lebensmittelproduktion begünstigen können 14 .<br />
Weltweit hat sich die Konkurrenz zwischen Lebensmittel- <strong>und</strong> Energiepflanzenproduktion deutlich <strong>zu</strong> Lasten<br />
der ersteren ausgewirkt. Der jahrzehntelange Trend hin <strong>zu</strong> niedrigeren (realen) Agrarpreisen hat sich umgekehrt.<br />
Vor allem die massive Ausweitung der Treibstoffherstellung aus Pflanzen (weniger die Stromerzeugung<br />
aus Biomasse) wird dafür als Ursache gesehen. Daneben dürfen aber auch andere Faktoren für steigende<br />
Lebensmittelpreise nicht vernachlässigt werden wie die Bedürfnisse einer wachsenden Weltbevölkerung,<br />
steigende Ansprüche an Lebensmittelversorgung (Fleisch) mit <strong>zu</strong>nehmendem Wohlstand, steigende Energiepreise,<br />
Ernteausfälle <strong>und</strong> auch Spekulationen. In den USA wurde im Zeitraum 2006/7 mehr als ein Drittel<br />
der Getreideproduktion für die Herstellung von Ethanol <strong>und</strong> in Europa die Hälfte allen Pflanzenöls für<br />
Biodieselproduktion verwendet. (Die Weltproduktion von Bio-Ethanol konzentriert sich mit ca. 90% etwa <strong>zu</strong><br />
gleichen Teilen auf die USA <strong>und</strong> Brasilien, diejenige von Biodiesel <strong>zu</strong> 75% auf die EU.) Diese Konkurrenz<br />
des Energiepflanzenanbaus wird zwischen 2002 <strong>und</strong> 2008 für mehr als die Hälfte des weltweiten Anstiegs<br />
der Lebensmittelpreise von insgesamt 140% verantwortlich gemacht 15,16 . Damit müssen beim Biomasseanbau<br />
auch die sozialen Belastungen 17 <strong>und</strong> Umweltkosten beachtet werden. Vorrangige Ziele müssen sein:<br />
Entwicklung von Energiepflanzen mit höherem spezifischen Ertrag <strong>und</strong> moderaten Düngeanforderungen,<br />
Herstellung von Treibstoffen (Ethanol, Diesel) aus Reststoff-Cellulose (Stroh, Restholz) <strong>und</strong> andere Verbesserungen,<br />
die die Flächenkonkurrenz reduzieren 18 .<br />
Spezifische Kriterien für die Entwicklung der Biomassenut<strong>zu</strong>ng sind u.a. Energienutzen, CO2-Vermeidungskosten,<br />
Biodiversität, ges<strong>und</strong>heits- bzw. umweltbelastende Emissionen (Feinstaub, NOx, CO, PO4, SO2),<br />
Boden- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasserschutz <strong>und</strong> Veränderungen des Landschaftsbildes. Ein für Deutschland wesentliches<br />
Beispiel ist die Energienut<strong>zu</strong>ng von Grünland; hierfür kommen Grassilage, Verbrennung bzw.<br />
Trockenfermentation von Heu sowie Umwandlung in Pappel-KUP <strong>und</strong> Maisfelder in Betracht 19 . Wirtschaftlich<br />
<strong>und</strong> für CO2-Vermeidung günstig sind Pappel- <strong>und</strong> Maiskulturen, die allerdings in anderen Aspekten<br />
nachteilig sind. So erzwingt z.B. die verengte Fruchtfolge beim Anbau von Mais <strong>und</strong> Raps, die hier<strong>zu</strong>lande<br />
die beiden gegenwärtig dominierenden Energiepflanzen sind, erhöhte Pflanzenschutzmaßnahmen. Die vier<br />
dafür hauptsächlich eingesetzten Wirkstoffe finden sich sämtlich unter den zehn stärksten Gewässerbelastungen.<br />
Düngeaufwand führt <strong>zu</strong> Nitratbelastung des Gr<strong>und</strong>wassers (insbesondere bei Mais in Verbindung<br />
mit späten Saatterminen <strong>und</strong> geringer Bodenbedeckung), allerdings ist in der Regel der Düngemitteleinsatz<br />
gegenüber demjenigen bei Nahrungspflanzen geringer <strong>und</strong> mehrjährige Energiepflanzen können überdies<br />
auch Umweltvorteile haben.<br />
14<br />
Neben Strom gilt dies u.a. auch für Biodiesel, beispielsweise in den USA: Über 200 Unterstüt<strong>zu</strong>ngsmaßnahmen mit <strong>einem</strong> jährlichen<br />
Volumen von 5,5 – 7,3 Milliarden US$ entsprechen einer Subventionierung von US$ 0,38 – 0,49 pro Äquivalentliter Ethanol. Siehe<br />
World Bank: World Development Report 2008, p. 70.<br />
15<br />
World Bank: World Development Report 2008, Chapter III. Siehe auch: Aditya Chakrabortty, guardian.co.uk,<br />
http://www.guardian.co.uk/environment/2008/jul/03/biofuels.renewableenergy).<br />
Dieser Bericht kommt auf 75% Preisanstieg für Lebensmittel <strong>und</strong> widerspricht damit dem von der US-Regierung behaupteten<br />
geringen Einfluss der Energiepflanzenproduktion von nur 3%. Wesentlich durch das US-Ethanolprogramm bedingt, stieg der Maispreis<br />
allein zwischen 2005 <strong>und</strong> 2007 um 60%. Weitere, wenngleich etwas weniger gravierende Preissteigerungen können bei Fortset<strong>zu</strong>ng<br />
der massiven Förderung von Biosprit erwartet werden.<br />
16<br />
Für die Herstellung von 100 Liter Ethanol werden 240 kg Getreide benötigt. Dies entspricht dem Jahresernährungsbedarf eines<br />
Erwachsenen. Quelle: World Bank, Agriculture for Development Policy Brief Nov. 2007,<br />
http://siteresources.worldbank.org/INTWDR2008/Resources/2795087-1191440805557/4249101-<br />
1191956789635/Brief_BiofuelPrmsRisk_web.pdf<br />
17<br />
Die meisten armen Länder sind Nettoimporteure von Getreide <strong>und</strong> leiden deshalb besonders unter diesen Preissteigerungen.<br />
18<br />
Auf absehbare Zeit bleibt der Flächenbedarf allerdings sehr hoch: 30% der gesamten US Maisernte können über Ethanolgewinnung<br />
nur 8% des US-Benzinverbrauchs abdecken. (Quelle Weltbank, Policy Brief a.a.O.)<br />
19<br />
Stelzer et al. KIT (2007) http://www.itas.fzk.de/deu/lit/2007/stua07b.ppt. Die potenzielle Anbaufläche für Kur<strong>zu</strong>mtriebsplantagen wird<br />
auf ca. 0,4 – 0,5 Mio ha geschätzt. (A. Bemmann, TU Dresden, http://www.tll.de/ainfo/pdf/afs/afs14_09.pdf)