Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen ...
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Technisch stehen also für ein <strong>zu</strong>künftiges weiträumiges effizientes Stromnetz Lösungen <strong>zu</strong>r Verfügung,<br />
wenngleich noch wichtige Verbesserungen möglich sind (z.B. der Übergang von konventioneller HGÜ<br />
Thyristor-Technik auf IGBT-Elektronik 7 ).<br />
1.2–b Probleme <strong>und</strong> Ziele<br />
Beim Ausbau dezentraler erneuerbarer Energiesysteme bereitet die Windenergie die größten Probleme für<br />
die Stromnetzkonzeption 8 . Bis 2025/30 plant die B<strong>und</strong>esregierung, die Windenergienut<strong>zu</strong>ng in Nord- <strong>und</strong><br />
Ostsee auf 20-25 GW installierter Leistung aus<strong>zu</strong>bauen, was der in Küstennähe auf dem Festland<br />
installierten Kapazität vergleichbar ist. Damit wird in Norddeutschland – einer Region mit <strong>zu</strong>meist geringer<br />
Stromnachfrage ein Gesamtpotenzial von bis <strong>zu</strong> 55 GW fluktuierender <strong>Elektrizität</strong>serzeugung geschaffen.<br />
Dies entspricht fast der Hälfte der gesamten gegenwärtigen Bruttostromerzeugungskapazität Deutschlands<br />
(z. Zt. 121 GW) <strong>und</strong> in nahe<strong>zu</strong> gleicher Höhe muss im Netz Back-up Leistung vorgehalten werden, denn die<br />
gesicherte Windleistung beträgt nur 5-10% dieser Nominalleistung 9 . Der Beitrag fluktuierender Quellen <strong>zu</strong>r<br />
Versorgungssicherheit ist damit sehr gering <strong>und</strong> der Vorrang der Einspeisung, der diesen Quellen gesetzlich<br />
garantiert wird, erhöht die Anforderungen an das Stromnetz ganz erheblich. Massive Investitionen in die<br />
Netzinfrastruktur sind erforderlich, um voraussehbare, insbesondere aber auch in <strong>einem</strong> bislang<br />
ungekannten Maßstab unerwartet eintretende Lastschwankungen beherrschen <strong>zu</strong> können 10 . Beispielsweise<br />
schalten sich Windanlagen, die vor 2003/4 gebaut wurden, bei Spannungseinbrüchen >20% vom Netz ab<br />
<strong>und</strong> verstärken damit die kritische Situation. Analysen 11 zeigen, dass bereits im Jahr 2003 die Sicherheit des<br />
Netzes nicht mehr nach den definierten Standards gewährleistet war: Bei bestimmten, nicht aus<strong>zu</strong>schließenden<br />
Fehlern im Übertragungsnetz oder dem plötzlichen Ausfall eines großen konventionellen Kraftwerks<br />
hätte es <strong>zu</strong> kritischen Netz<strong>zu</strong>ständen mit großflächigen Spannungseinbrüchen kommen können, die<br />
letztendlich die im europäischen Stromverb<strong>und</strong> vorgehaltene Reserve von 3 GW überfordert hätten – mit der<br />
Folge eines weiträumigen Netz<strong>zu</strong>sammenbruches.<br />
Mittlerweile sind zwar Verbesserungen bei neuen Windneuanlagen eingeführt worden 12 , doch ist ggf. die<br />
Umrüstung bzw. das Ersetzen („Repowering“) von Altanlagen <strong>zu</strong>sätzlich erforderlich. Perspektivisch führt die<br />
Zunahme der fluktuierenden Einspeisung bei der geplanten Verringerung der Kernkraftwerke spätestens ab<br />
2015 da<strong>zu</strong>, dass die Netzstabilität wieder <strong>zu</strong>nehmend kritischer werden wird. Ein <strong>zu</strong>sätzlicher Aspekt ist,<br />
dass bei Starkwind in lastschwachen Situationen (Nacht, Wochenende) Strom in <strong>einem</strong> Maß in das<br />
benachbarte Ausland verbracht werden muss, das die Spezifikationen der grenzüberschreitenden Leitungen<br />
übersteigt. Damit erweitert sich die Problematik auf europäisches Niveau. Langfristig wird nicht <strong>zu</strong> vermeiden<br />
sein, dass die durch das EEG <strong>zu</strong>gesicherte generell vorrangige Einspeisung von Windstrom aufgegeben<br />
wird <strong>und</strong> ein Abregeln von Windanlagen in die <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden Anpassungsmöglichkeiten in<br />
lastkritischen Situationen einbezogen wird. Gleiches gilt für Photovoltaik.<br />
7<br />
Insulated Gate Bipolar Transistor Technologie gewinnt für Leistungseletronik <strong>und</strong> Hochspannungsumformer <strong>zu</strong>nehmend an<br />
Bedeutung.<br />
8<br />
Die gleichen Probleme betreffen die Photovoltaik, allerdings in schwächerem Maß, da sie in Deutschland voraussichtlich stets<br />
wesentlich weniger Leistung liefern wird als Windenergieanlagen.<br />
9<br />
Quelle: DENA Netzstudie I. Zum Vergleich: Die gesicherte Leistung von Kraftwerksblöcken bei Steinkohle-, Braunkohle- <strong>und</strong> Kernkraftwerken,<br />
Öl/Gas-Kombianlagen, Biomasse <strong>und</strong> Geothermiekraftwerken sowie Pumpspeichern liegt bei 86-93% der Nominalleistung,<br />
für Gasturbinen bei 42% <strong>und</strong> Photovoltaik bei 1%. Quelle: DENA bzw. TU München, Lehrstuhl für Energiewirtschaft <strong>und</strong> Anwendungstechnik<br />
2008, zitiert nach H. Krüger, DENA.<br />
10<br />
Während bislang für Störfallszenarien mit dem Ausfall eines Kraftwerks, also einer Leistung bis <strong>zu</strong> <strong>einem</strong> GW, gerechnet werden<br />
konnte, können nun um eine Größenordnung höhere kurzfristige Leistungsschwankungen auftreten. Zu bemerken ist auch, dass<br />
auch hohe Investitionen in den Back-up Kraftwerkspark erforderlich sind , wenn dieser möglichst CO2-vermeidend entwickelt werden<br />
soll <strong>und</strong> ein ausreichend leistungstarkes weiträumiges Stromnetz nicht (rechtzeitig) realisiert werden sollte.<br />
11<br />
Siehe Dena-Netzstudie I<br />
12 Neuere Windanlagen müssen bis >80% Spannungsabfall am Netz bleiben bzw. dürfen sich nur zeitverzögert vom Netz trennen.