Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen ...
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1.3 Smart Grid<br />
130<br />
Um tageszeitliche Lastschwankungen <strong>und</strong> Stromerzeugung möglichst aneinander an<strong>zu</strong>passen, sind für Endverbraucher<br />
seit Langem in vielen Gebieten Tag- <strong>und</strong> Nachttarife mit getrennten Zählern eingeführt worden.<br />
Mittlerweile gibt es weltweit Bestrebungen, eine viel umfassendere Verbrauchssteuerung, ein Smart Grid, <strong>zu</strong><br />
ermöglichen, in dem die gesamte Kette von der Stromerzeugung über die Verteilung hin <strong>zu</strong>m Verbraucher<br />
bidirektional mittels Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologie des Stromversorgers bzw. Netzbetreibers<br />
beeinflussbar wird. Damit wird von der Versorgerseite 22 nicht nur eine Lastanpassung beabsichtigt, sondern<br />
auch erhofft, einen (möglichst großen) Teil des Endverbrauchs durch direkte Beeinflussung bzw. durch<br />
Anreize in ertragsstarke Zeitabschnitte mit niedrigeren Stromgestehungskosten verschieben <strong>zu</strong> können.<br />
Natürlich geht damit eine Reduzierung der durch Spitzenlastkraftwerke ab<strong>zu</strong>deckenden Strommengen<br />
einher, die sich auch auf den CO2-Ausstoß günstig auswirken kann.<br />
Zumeist wird für das Smart Grid vor allem damit geworben, dass der Endverbraucher besser in die Lage<br />
versetzt werde, den Stromverbrauch <strong>zu</strong> kontrollieren <strong>und</strong> <strong>zu</strong> reduzieren. Diese Möglichkeiten bestehen<br />
allerdings <strong>zu</strong>m Teil bereits heute: So bieten z.B. viele Waschmaschinen <strong>und</strong> Trockner die Möglichkeit, zeitversetzt<br />
betrieben <strong>zu</strong> werden <strong>und</strong> viele andere Geräte können über preiswerte Schaltzeituhren gesteuert<br />
werden. Natürlich brächte eine intelligente Anpassung des Verbrauchs in Abhängigkeit vom tatsächlichen<br />
Stromangebot <strong>zu</strong>sätzliche Optimierungsmöglichkeiten. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass eine<br />
Verschiebung des Verbrauchs über mehr als einige St<strong>und</strong>en für das Gros der energieintensiven Anwendungen<br />
möglich sein wird. Tatsächlich dürfte auch der private Verbraucher nur relativ begrenzte Möglichkeiten<br />
haben, den Verbrauch über das heute schon mögliche Maß in lastschwache Zeiten (z.B. frühe Morgenst<strong>und</strong>en)<br />
<strong>zu</strong> verschieben, um höheren Stromkosten <strong>zu</strong> entgehen.<br />
Konzepte für ein Smart Grid, das die Verbrauchssteuerung durch Informationsaustausch mit der Abnehmerseite<br />
in die Gesamtoptimierung ein<strong>zu</strong>beziehen erlaubt, sind weltweit in Diskussion. Bislang ist fraglich, ob<br />
Smart Grids tatsächlich <strong>zu</strong> wesentlichen Energie- <strong>und</strong> CO2-Einsparungen führen werden, die, da vorwiegend<br />
an das Verbraucherverhalten gekoppelt, nicht schon auf andere Weise mit wirtschaftlichen Anreizen oder<br />
regulatorisch erzielbar wären.<br />
In Hinblick auf den Ausbau der Elektromobilität wird daran gedacht, die Stromspeicher von Elektroautos als<br />
Puffer <strong>zu</strong>r Anpassung von Stromangebot <strong>und</strong> -verbrauch im Stromnetz <strong>zu</strong> nutzen (siehe Kapitel I.3 über<br />
Elektromobilität). Die gegenwärtig ausschließlich verwendeten Blei-Akkumulatoren der Starterbatterien<br />
eignen sich dafür wenig (begrenzte Lade-/Entladezyklen, <strong>zu</strong> geringe Kapazität). Überdies existiert für den<br />
Großteil der Fahrzeuge keine Infrastruktur, um sie an das Stromnetz an<strong>zu</strong>schließen, da sie nicht in Garagen<br />
sondern am Straßenrand geparkt sind. Sollten Fahrzeugbatterien in großer Zahl mit wesentlich höherer<br />
Kapazität <strong>und</strong> Zahl von Lade-/Entladezyklen in Elektroautos <strong>zu</strong>r Verfügung stehen, so könnten sie –<br />
passende Infrastruktur vorausgesetzt – in den lastschwachen Nachtst<strong>und</strong>en geladen werden <strong>und</strong> tagsüber<br />
als Stromspeicher <strong>zu</strong>r Verfügung stehen, wenn sie z.B. nur für die morgendliche <strong>und</strong> abendliche Fahrt <strong>zu</strong>r<br />
Arbeitsstelle genutzt werden. Allerdings würde das die Flexibilität des Autohalters deutlich einschränken.<br />
Inwieweit ein solches Konzept angenommen werden würde, auch wenn es mit <strong>einem</strong> ausreichend dichten<br />
Netz von „Tankstellen“ (ggf. für Tauschbatterien) verb<strong>und</strong>en wäre, ist noch nicht ab<strong>zu</strong>sehen.<br />
Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass sich das Smart Grid Konzept sicher rasch<br />
etablieren wird, da es für die Stromversorger attraktive Möglichkeiten eröffnet <strong>und</strong> politisch anspricht. In<br />
22 Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die in direktem Kontakt mit Endverbrauchern stehen (DSO = Distribution System Operators)<br />
<strong>und</strong> erst in zweiter Linie für die Netzbetreiber (TSO = Transmission System Operators), die bereits über umfassende Informationssysteme<br />
<strong>zu</strong>r Netz- <strong>und</strong> Lastoptimierung verfügen. In den USA wird der Markt für Smart Grid für den Zeitraum bis 2015 auf<br />
200 Milliarden US$ geschätzt. Es wird erwartet, dass diese attraktive Investition den weitaus überwiegenden Anteil am gesamten<br />
Investitionsvolumen der Utilities haben wird (Quelle: Dayton Business Journal, 29.12.2009).